„Andrea Chenier“, – 2. Mai 2014

Vor sechseinhalb Jahren sah ich diese Produktion von Grischa ASAGAROFF das erste Mal. Einige, der Negativa, die ich damals anmerkte, sind verschwunden, beispielsweise das völlig effektlose Finale. Jetzt gingen Chenier und Maddalena einfach nach hinten ab, anstatt eine Art Fahrstuhl zum Schaffott zu besteigen. Auch die Frisuren sind ansehnlicher geworden. Der Rest entsprach dem damaligen Eindruck.

Die Besetzung der Titelrolle mit Yonghoon LEE war ausgesprochen zwiespältig. Ein Chenier, der das „Improviso“ ohne jede Nunancierung singt, alles gleichförmig im forte hören läßt und schließlich zwar erreichte, aber wenig schöne Spitzentöne hören läßt, genügt meinen Ansprüchen an die Partie nicht. Man kann dem Sänger zugute halten, daß er sich bei „Si, fu soldato“ und „Come un bel di“ etwas mehr um Phrasierung bemühte. Leider machte er den positiven Anfang dann wieder durch zuviel Kraftmeierei am Schluß zunichte. Zudem brachte der Tenor nicht eben viel Persönlichkeit mit, sondern wirkte teilweise etwas verloren.

Martina SERAFIN, die sich offenbar freier bewegen durfte, als noch die Premierenbesetzung, sang eine gute, aber nicht außerordentliche Maddalena. Sie hatte alle Töne, wußte zu phrasieren, war auch darstellerisch engagiert, allerdings fehlte das letzte Quentchen beim Aufblühen der Stimme, um mich vollends zu begeistern.

Als Gerard wiederholte Lucio GALLO sein gelungenes Rollenporträt aus der Premierenserie mit einem gezielten Hinsteuern auf „Nemico della patria“ und der Auseinandersetzung mit Maddalena im Anschluß, wo sich die große Emotion entlud, die zuvor unterschwellig angedeutet worden war. Der ausdrucksstarken Baritonstimme steht eine Vielzahl von Farben zur Verfügung, so daß Gerard Umschwenken auch gesanglich vollkommen nachvollziehbar wurde.

Unter den vielen kleineren, durch die Bank gut besetzten Partien wie Bersi (Judith SCHMID), Roucher (Yuriy TSIPLE), Fouquier-Tinville (Reinhard MAYR), Krešmir STRAŽNAC (Fleville), Alessandro FANTONI (Incroyable), Andreas WINKLER (Abate), Dmitri PKHALADZE (Schmidt), Christoph SEIDL (Haushofmeister) und Christoph FILLER (Dumas) ragten Valeriy MURGA als Mathieu und Stefania KALUZA, die sowohl die Gräfin Coigny als auch Madelon sang, noch heraus.

Im Orchestergraben waltete wieder Nello SANTI seines Amtes. Vielleicht an manchen Stellen etwas vordergründig, aber ohne sonstige Auffälligkeiten. ORCHESTER und CHOR boten keinen Anlaß zu kritischen Äußerungen.
MK