„Il Barbiere di Siviglia“ – 28.11.2021 (Ausstrahlung auf arte)

Da man wegen der augenblicklichen Gesundheitssituation ans Haus gefesselt ist, freute man sich sehr, doch auf diese Weise einen Besuch an der Wiener Staatsoper zu machen, da arte eine der stimmigsten Aufführungen des Senders, der ja prädestiniert für Opernaufführungen aller Opernhäuser der Welt ist, an diesem 1. Adventsonntag gesendet hat.

Regie dieser von Gioacchino Rossini komponierten Oper, die im übrigen zu den populärsten und erfolgreichsten Opern des Komponisten zählt, führte Herbert FRTISCH, der einen bunten Spaß, ein farbenprächtiges und temporeiches Spektakel im Rokoko-outfit auf die Bühne brachte; vor allen Dingen fiel auf, daß darin keine Requisiten verwendet wurden und diese während der Auftritte der Künstler von diesen nur angedeutet wurden.

Diese Inszenierung war der Commedia del arte angeglichen, daher gab es viel Pantomime zu sehen, hervorgerufen durch die pantomimisch-stumme Rolle des Ambrogio, interpretiert von Ruth BRAUER, die sich wie eine Geisterfigur durch jede Szene bewegte. Vor allen Dingen ist der Schneiderei und vor allen Dingen den Friseuren der Wiener Staatsoper ein großes Lob zu zollen, die herrliche Rokokokostüme mit den dazu passenden Frisuren für diese Aufführung herstellten. Herbert Fritsch standen aber auch die besten Rossini-Interpreten für seine Regie-Ideen zur Verfügung, die die Opernwelt derzeit aufweisen kann.
So hörte und sah man als Graf Almaviva wieder einmal Juan Diego FLÓREZ, dem nicht nur stimmlich diese Partie auf den Leib geschrieben worden zu sein, und der, an diesem Abend bestens disponiert, sogar die berühmte Arie des Almaviva aus dem letzten Akt sang, die tenoral schwierig ist und dadurch von vielen Tenören gar nicht in solchen „Barbier“-Aufführungen gesungen wird. In der Titelpartie erlebte man Ètienne DUPUIS, der sich in der Inszenierung bestens disponiert sichtlich wohl fühlte, was schon die berühmte Faktotum-Arie des Figaros erahnen ließ.

In der Mezzo-Partie der Rosina gab es eine Entdeckung nicht nur für die Wiener Staatsoper, nämlich Vasilisa BERZHANSKAYA, deren Koloraturen besonders in der Auftrittsarie der Rosina besonders eindrucksvoll und technisch zum Tragen kamen, zumal auch noch festzustellen wäre, daß sie in den Szenen mit Tenor und Bariton in ihren Auftritten ein eingesungenes Team darstellte. Und dann kamen zwei Gesangshumoristen ins Spiel, nämlich Ildar ABDRAZAKOV als Don Basilio mit blonden Zöpfen aber doch erkennbar, dessen „La calunnia“ noch lange in den Ohren des Publikums nachklingen wird, und dazu Paolo BORDOGNA als Bartolo, ein Rossini-Könner der Weltklasse, auf allen Bühnen der Welt für Rossini-Partien angefragt.

In den sogenannten Nebenrollen, die aber in keiner Oper fehlen dürfen, konnte Aurora MARTHENS als Berta mit starker Bühnenpräsenz punkten, und Stephan ASTAKHOV als Fiorello mit Alejandro PIZARRO-ENRIQUEZ als Offizier konnten sich in allen Auftrittsszenen bestens einfügen, wobei auch ein Teil des MÄNNERCHORS DER WIENER STAATSOPER als Soldaten sich sehr gut einstudiert zeigten. Das ORCHESTER DER WIENER STAATSOPER wurde von Michele MARIOTTI betreut, ein erfahrener Rossini-Könner, was sich wieder einmal bestens durch die ausgezeichnete Stabführung und Sängerbetreuung erwies. Bravo, bravissimo. I.St.