„La Traviata“- 11. Dezember 2021 (3sat)

Die Inszenierung des von Giuseppe Verdi so eindrucksvoll komponierten musikalisch hochkarätigen Werks, dessen Musik mit herrlichen Arien und Duetten ein Opernbesucher immerwährend in den Ohren hat, wurde an der Wiener Staatsoper in Koproduktion mit der Opéra National de Paris in eigenartiger moderner Form von Simon STONE auf die Bühne und dem Fernsehzuschauer nahegebracht.

Ein Glück für die Wiener Staatsoper, daß kein Publikum anwesend war, denn sonst hätte es am Ende ein Buhkonzert gegeben, denn diese Inszenierung kann man getrost als mißglückt bezeichnen. Sie ist zwar nicht entgegen der Handlung erfolgt, aber darin zeichnete der Regisseur unter Verwendung von Computer, Laptop, Facebook und Instagram die Figur der Violetta Valéry als Influencerin; mit einer durch die Liebe geläuterten Kurtisane hatte das überhaupt nichts zu tun.

Mir tat die Interpretin dieser Partie, die stimmlich hervorragend disponierte Pretty YENDE richtig leid, in dieser Produktion auftreten zu müssen, noch dazu, wo man sie in Kostüme steckte (Entwurf Alice BABIGDE), die ihrer Figur überhaupt nicht entgegenkamen. Die Südafrikanerin gab noch dazu ihr Hausdebüt an der Wiener Staatsoper und war, wie schon erwähnt, in einer stimmlichen Abendbestform. Als ihr Partner Alfredo gab ebenfalls Juan Diego FLOREZ sein Hausdebüt am Ring, konnte aber dieses Mal in dieser Partie nicht so ganz überzeugen, zwar darstellerisch perfekt, aber stimmlich sehr verhalten. Seinen überstürzten Abschied des 2. Akts von Vater und Violetta nachreisend verlegte der Regisseur in einen Biergarten, das Duett Germont/Violetta erfolgte in einer Garage, dazwischen erschienen Textnachtrichten, die von einer Verlobungsauflösung der Tochter Germonts mit einem saudischen Prinzen berichteten, und dazu noch baute der Regisseur zu Beginn der Oper Facebook- und Instagram-Korrespondenzen von Violetta mit ihrer Mutter ein, ebenfalls noch Szenen in einem Krankenhaus, aus dem sie immer wieder entfloh. Und noch dazu ist zu erwähnen, daß das Liebesgeständnis an Violetta im 1. Akt im Hof einer Bar vor Mülltonnen stattfinden mußte. Was soll das?

Eine stimmliche Entdeckung dürfte Igor GOLOVATENKO als Germont sein, ein wohlgeformter kräftiger Bariton, der im Duett mit Pretty Yende besonders glänzen konnte, würdevoll der Rolle gerecht war sein Auftreten während des ganzen Abends. Die übrigen Interpreten wie Margret PLUMMER als Flora, Donna ELLEN als Anina, Robert BARTNECK als Gaston, Attila MORUS als Baron Douphol, Erik VAN HEYNIGEN als Marquis und Ilja KAZAKOV als Doktor Grenvil waren für die kleineren Partien ausgewählt.

Die musikalische Leitung hatte Giacomo SAGRIPANTI, der das ORCHESTER DER WIENER STAATSOPER gut im Griff hatte und deshalb auch in der Sängerführung eine gute Hand bewies.

Was tut man dem großen ‚Verdi mit solch einer Inszenierung an? I.St.