„Don Pasquale“ – 2. Mai 2015

Die Chronik sagt, nach 30 Jahren wieder ein „Don Pasquale“ an der Staatsoper.

Warum es so lange gedauert hat, bis diese köstliche Buffo-Oper wieder ins Programm aufgenommen wurde, wissen nur die Götter, wie es auch sonst einige Werke gibt, die seit Jahrzehnten nicht gespielt werden und keine Erklärung dafür vorhanden ist.

Dieser „Don Pasquale“ ist in der heutigen Zeit angesiedelt, was bei diesem Stoff kein Problem darstellt, das Bühnenbild von Noelle GINEFRI-CORBEL ist bunt, schrill, vielleicht dann und wann ein bißchen zu viel, aber noch erträglich. Die Regie der Irina BROOK hält sich stilistisch an amerikanische Klamauk-Fernsehserien, auch hier manchmal zu dick aufgetragen; statt etwas mehr subtilere Komik einzusetzen und die Sänger etwas besser zu führen. Manchmal hatte ich den Eindruck, die Sänger führen selbst Regie, um nicht abzugleiten.

Die Oper steht und fällt natürlich mit der Besetzung des Titelhelden und da sind zwei Kriterien Maß gebend, erstens die Stimme und zweitens der entsprechende, darstellerische Einsatz. In unserem Fall war bei Michele PERTUSI beides vorhanden, wenn auch in manchen Passagen ein etwas Mehr an Volumen nicht geschadet hätte. Den Gag, der immer wiederkehrte, die Perücke, die mal als Hut, mal als ebensolch schlecht sitzendes Requisit Verwendung findet, reizt Michele Pertusi voll aus. Auch in den Ensembleszenen oder in dem Duett mit Malatesta hat Michele Pertusi sehr gute Momente. Einzig, ein richtig alter Tölpel, wie man ihn sonst gewohnt war, ist er nicht, sondern eher ein naiver, in die Jahre gekommener einsamer Mann.

Norina ist eine Schauspielerin, was dann in Folge die extremen Auftritte durchaus glaubhaft macht. Außerdem kommt diese Auslegung natürlich einer jungen Sängerin, die Freude an Verkleidung hat, sehr entgegen. Valentina NAFORNITA, eine sehr junge Sängerin aus dem Ensemble, debütierte in der Rolle, sie verfügt über einen angenehmen Sopran, meistert die Koloraturen spielend, als Figur eine Augenweide (vornehmlich für die männlichen Zuschauer), hübsch, gertenschlank, sexy in allen Kostümen. Das Bißchen an Kontur, das fehlt, wird die Zukunft bringen.

Dottore Malatesta wurde auch nicht ganz den Usancen besetzt, obwohl Alessio ARDUINI schon vielfach seine Fähigkeiten im Repertoire und Ensemble bewiesen hat, für diese Rolle ist er nicht nur von der Optik doch einiges zu jung. Er hat mich in der Gestaltung nicht wirklich überzeugen können. Aber auch hier, die weitere Praxis wird einen sehr guten Interpreten hervorbringen.

Und zum Schluß der Strahlemann der Aufführung Juan Diego FLÓREZ als Ernesto. Zweifelsohne einer der besten Interpreten der Rolle, den wir zur Zeit finden können. Seine hohen, höchsten Töne sind brillant, und damit hat er natürlich schon gewonnen. Aber darauf kann man den Sänger wirklich nicht beschränken,
denn seine lyrischen Passagen und Piani überzeugen ebenso. Auch als Darsteller ist er präsent und engagiert. Der große Jubel war durchaus berechtigt. Der schönste Moment des Abends war für mich das sehr harmonische Duett Ernesto/Norina,

Aber ohne Schwachpunkt geht es offenbar nicht – und der lag diesmal bei dem Dirigat von Jesus LOPEZ COBOS. Teils zu kräftig, dann wieder schleppend, kaum die Sänger führend. Das war gleich zu Beginn zu spüren, als die Ouvertüre vor offenem Vorhang und szenischer Darbietung gespielt wurde (was zwar modern, aber entbehrlich ist).

Trotz gewisser kleinerer Kritikpunkte, war es ein guter Abend, und die Inszenierung wird sich in der Zukunft wohl bewähren müssen, was sich erst bei einer komplett neuen Besetzung zeigen wird. Die Sänger wurden bejubelt und ein zufriedenes Publikum verließ das Haus.
EH