Unter Verwendung von Ausschnitten aus Briefen des Werther an seinen Freund Wilhelm in vor den vier Akten gezeigten Videos kam am Staatstheater am Gärtnerplatz Jules Massenets Oper nach langer Zeit wieder zu einer Aufführung, die man als Bestinszenierung bezeichnen möchte.
Mit einer äußerst präzisen Einfühlung in das Werk nach Goethes Briefroman „Die Leiden des jungen Werther“ inszenierte Herbert FÖTTINGER und konnte damit nicht nur eine gekonnte Steigerung der Schauspielkunst der Sänger bis zum Ende erzeugen, sondern sorgte auch für eine außerordentlich naturgetreue Wiedergabe von Johann von Goethes Roman, der zur damaligen Zeit viele junge Menschen zum Selbstmord anregte. Ihm standen dafür nicht nur ausgezeichnete Sänger zur Verfügung, sondern auch ein zeitgerechtes Bühnenbild von Walter VOGELWEIDER und ebenso zeitgerechte Kostüme von Alfred MAYERHOFER.
Musikalisch ist das Werk von Jules Massenet mit dem Libretto von Edouard Blau, Paul Milliet und Georges Hartmann, uraufgeführt in Wien am 16. Februar 1892, wie könnte es anders sein, voller Dramatik – man mag es ruhig als spannend bezeichnen. Die musikalischen Motive dieses Werks, vor allen Dingen das einstudierte Weihnachtslied der Kinder (das Werk spielt ja in der Weihnachtszeit) zieht sich durch die ganze Oper, wobei sich allerdings auch nur die Bravourarie eines jeden Tenors im 3. Akt immer wieder auf Konzertbühnen findet. Man sang in französischer Sprache.
Anthony BRAMALL führte Sänger und ORCHESTER perfekt und mit gekonnter Hand durch den Abend und konnte dadurch zur erwähnten Steigerung von den Sängerschauspielern insgesamt sorgen, vor allen Dingen fielen die exzellenten Gesangs- und Darstellungsmöglichkeiten der Hauptprotagonisten besonders auf.
Hier glänzten vor allen Dingen Sophie RENNERT als Charlotte, deren warmer Mezzo höhensicher in Bestform erklang und die sich auch darstellerisch großartig in die Rolle der unglücklich Liebenden einfügte, eine Stimme und Darstellerin, die man sich gerne in mehreren Partien am Staatstheater am Gärtnerplatz wünschen möchte. In der Titelpartie erlebte man Lucian KRASZNEC, in stimmlicher und darstellerischer Bestform gestaltete er diese so schwierige Partie , vor allem glänzte er durch seine Höhensicherheit, gerade in der im 3. Akt zu singenden Arie „Pourquois me réveiller“. Noch einmal sei die phänomenale Steigerung beider Protagonisten bis zum Schluß zu erwähnen, die bestgestalteten Liebesszenen und die Todesszene des Werther werden und müssen in langer Erinnerung bleiben.
Ilja STAPLE als Sophie gestaltete die Partie mit großem Einfühlungsvermögen in die Rolle und stimmlicher Präzision, während Daniel GUTMANN als Albert mit baritonalem Können eine Bestwahl des Hauses darstellte. Die übrigen Partien wie Levente PÀLL als Amtmann, Caspar KRIEGER als Schmidt und Timos SIRLANTZIS als Johann fügten sich bestens in die Inszenierung ein, ebenso war der wichtige KINDERCHOR in diesem Werk in den besten Händen von Verena SARRÉ.
Abschließend sei zu bemerken, daß dieses Werk in dieser Inszenierung und mit diesen Sängerdarstellern sich möglichst lange auf dem Spielplan des Theaters am Gärtnerplatz halten möge. Und wer sich nach so viel Konzentration noch ein wenig entspannen wollte, konnte das im Salon Zitzelsberger im Keller des Hauses tun, wo drei exzellent spielende Jazzmusiker für diese gewünschte Entspannung sorgten. I.St