„Eugen Onegin“ – 5. Juli 2014

Das SH-Landestheater ist ein Theater, das nicht nur an einem festen Ort (Flensburg) spielt, sondern auch in Schleswig-Holstein kleinere Theater bespielt. Dieses ist sehr wichtig für eine Region, die lediglich an der Ostküste Opernhäuser hat (Lübeck, Kiel). Leider ist die zweite Spielstätte in Schleswig akut einsturzgefährdet, und der Neubau wurde von der Stadt abgelehnt. Das ist insofern ein großes Problem, als dass somit das ganze Theater von der Insolvenz bedroht ist. Das wäre angesichts der Qualität ein Jammer!

Dem Operndirektor Markus HERTEL gelingt eine tolle Inszenierung, die zeigt, dass es vollkommen unerheblich sein kann, in welcher Zeit ein Stück spielt. Er entschied sich für eine klassiche Inszenierung. Offensichtlich hat er Puschkin mehr als einmal gelesen, und die Oper mehr als einmal gehört – und dazu auch noch verstanden sowie den Sängern vermitteln können. Ihm gelingt eine sehr ausgefeilte Personenführung. Mein persönlicher Lieblingsmoment ist, wenn Onegin in der Finalszene in dem Kostüm auftritt, in welchem er Tatjana das erste Mal begegnet ist. Nur die Aufwertung von Guillot erschließt sich mir nicht. Das variable Bühnenbild stattete Martin FISCHER aus, die zahlreichen schön anzusehenden Kostüme gestaltete Martina LÜPKE. Gespielt wurde die etwas holprige deutsche Fassung von Wolf Ebermann und Manfred Koerth.

Joa HELGESSON zeigte nach seinem herrlichen Barbiere letzte Saison, dass er auch ernste Rollen kann. Sein Onegin ist im ersten Teil geschmeichelt, jedoch auch angemessen ironische distanziert. Seine Verzweiflung am Schluß war jederzeit spürbar. Er ist zudem stets präsent, auch wenn er nichts zu singen hat.

Anna SCHOECK beeindruckte als Tatjana mit einem sehr differenzierten Rollenportrait. War sie zu Beginn das etwas distanzierte Mädchen, explodierte sie förmlich in der Briefszene, um dann im Finale Onegin gekonnt auflaufen zu lassen. Leider verpufften ihre letzten Worte ein wenig.

Einen zwiespältigen Eindruck hinterließ Junghwan CHOI als Lenski. Auf der einen Seite dachte ich mir, was für ein toller Spinto-Tenor da doch eigentlich zu hören ist, der wundervolle Piani singen kann, auf der anderen Seite sollte man die Rolle nicht so massiv von der mittleren/späten Verdi-Seite angehen.

Markus WESSIAK (Gremin) ließ einen schönen Baß hören. Er interpretierte die Rolle eher im Sinne von „Ich weiß, wer du bist – und auch, daß Tatjana meine Frau ist“. Etwas störend war jedoch, daß er seine Augen kaum aufgekriegt hat. Von Jin-Hak MOKs Triquet hätte ich mir gerne etwas mehr Selbstironie gewünscht, er sang aber sonst sehr gut.

Camilla LEHMEIER sang eine lebensfrohe, aber nicht nur oberflächliche Olga. Oxana SEVOSTIANOVA gefiel als Filipjewna ebenso wie Svitlana SLYVIA (Larina) und der nirgends erwähnte Hauptmann. Jorge Martinez MENDOZA war ein solider Saretzki.

Theo SAYE am Pult der toll aufspielenden SCHLESWIG-HOLSTEINER SINFONIKER dirigierte gelegentlich etwas zu statisch. In den besten Momenten (Finale) war es sehr nah an Verdi, den ich mir nach dieser Aufführung im Übrigen dringend wünsche! Der OPERNCHOR unter Bernd STEPPUTTIS absolvierte seinen Part ebenfalls sehr gut.
WFS