„The Phantom of the Opera“ – 19. März 2012

„The New Production“

Nach über 25 Jahren wurde der Produktion des „Phantoms“ ein Update gegönnt, und dieses Update tourt in den nächsten Monaten durch Großbritannien, beginnend mit Plymouth, während die Originalproduktion weiterhin im Londoner Westend zu sehen ist. Im Gegensatz zu „Les Miserables“, bei denen vor zwei Jahren ähnlich verfahren wurde, beschränkt sich das Update allein auf die szenische Seite. Die Arrangements sind dieselben geblieben, es gibt keine musikalischen Änderungen.

Bei der szenischen Seite ist einiges geändert worden, manches ist überzeugend, manches ist es nicht. Zu letzterem gehören die teilweise recht kurz geratenen Kostüme der Damen, die im 19. Jahrhundert schlichtweg untragbar gewesen wären. Sehr schade ist es, daß der Auftritt des Phantoms als „Roter Tod“ im Maskenball verschwunden ist; er trägt eine Art Uniform, und das Erscheinen und Verschwinden ist nicht allzu wirkungsvoll. Geradezu spektakulär ist hingegen der Abgang vom Opernhaus in die Katakomben mit plötzlich scheinbar aus dem Nirgendwo auftauchenden Stufen. Gleiches gilt für das Verschwinden des Phantoms am Schluß, wo man sich unwillkürlich fragt, wie dies bewerkstelligt wurde. Weniger überzeugend als im Original sind hingegen das Finale des ersten Aktes sowie die Szene auf dem Friedhof. Man kann insgesamt in der Personenführung eher eine Hinwendung zu den Ereignissen von „Love Never Dies“ beobachten, was ich ein wenig störend finde, was aber damit zusammenhängen mag, daß mir diese Fortsetzung gar nicht gefällt.

John OWEN-JONES in der Titelrolle besitzt die unglaublichste Stimme, die mir im Musical bekannt ist. Auch nach diversen Begegnungen rätsele ich immer noch, wie er diese schier unwahrscheinlichen Töne produziert, die auch in der Höhe niemals gefährdet klingen und ewig gehalten werden können. Dabei schafft er es, daß diese technischen Fähigkeiten kein Selbstzweck werden, sondern immer der Ausgestaltung der Partie dienen.

Olivia BRERETON brachte alles mit, was eine Christine benötigt. Sie ist reizend anzusehen, sie hat die Töne bis in die höchsten Lagen, und die scheue Ausstrahlung paßt gut zu der Rolle, insbesondere mit der etwas geänderten Regie, durch die Christine noch unschuldiger wirkt als sowieso schon. Mit Simon BAILEY (Raoul) konnte ich hingegen relativ wenig anfangen, irgendwie entstand hier kein Charakter, der in Erinnerung blieb, dazu wirkte er viel zu wenig beteiligt. Er machte nichts wirklich falsch, aber warum Christine sich für ihn entscheidet, konnte ich nicht nachvollziehen.

Die beiden Direktoren Andy HOCKLEY (Firmin) und Simon GREEN (André) wirkten vielleicht ein wenig zu britisch für ein französisches Opernhaus, aber waren durchaus amüsant, auch wenn sie nicht die Wirkung ihrer beiden Kollegen in London erreichen konnten.

Angela M. CAESAR als Carlotta hat definitiv die Stimme für die Partie, man kann sich jedoch nicht des Eindruckes erwehren, daß sie mit der Rolle (noch) nicht wirklich etwas anfangen kann, was jedoch mit der Zeit noch kommen mag. Vincent PIRILLO ist als Piangi eine solch treffende Parodie eines alternden, eitlen Tenors, daß man fast übersieht, welch ausgesprochen hörenswerte Töne er hat. Er ist der erste Piangi, der tatsächlich in der Lage wäre, die Oper des Phantoms zu singen.

Madame Giry Elizabeth MARSH war perfekt in ihrer Haltung und Stimme, und Hannah CADEC als Tochter Meg hob sich wohltuend von dem kleinmädchenhaften Gehabe ihrer Londoner Kollegin ab.

Von den zahlreichen kleinen Rollen sind noch Henry GRANT KERSWELL als Don Attilio und Greg CASTIGLIONI als M. Reyer zu erwähnen, die ob ihrer Stimme aufhorchen bzw. ob ihrer Präsenz aufmerksam werden ließen.

Das ORCHESTER unter der Leitung von Anthony GABRIELI leistete sich einen veritablen Ausstieg und war ansonsten etwas vordergründig laut, aber ansonsten unauffällig. MK

P.S.: Ich hoffe, der extrem laute Scheinwerfer am ersten Rang wurde zwischenzeitlich repariert. Direkt darunter war das dauernde Gesumme mehr als nur ein wenig störend.