Peter Edelmann – eine ernsthafte Plauderei

Von der Idee bis zur Umsetzung zu dem Gespräch mit Peter Edelmann verging eigentlich nicht viel Zeit, und glückliche Fügungen waren zu Hilfe .

Die erste Idee zu dem Gespräch hatte ich bereits nach einem Familieninterview der „Edelmänner“ im Radio. Da klang aber durch, daß der Lebensmittelpunkt im Ausland in Berlin ist, und mein Plan dann nicht so leicht zu realisieren sein würde. Dann kam der Kultursommer und der Duettabend der beiden Edelmann-Brüder bei der Cartusiana in Guttenstein. Aber vorher wurde auch noch etwas anderes bekannt, Peter Edelmann übersiedelt nach Wien, und damit war die Möglichkeit für ein Gespräch schon wesentlich näher gerückt. Und bei einer Kontaktaufnahme anläßlich des Duettabends waren wir uns handelseinig. Nach dem wohlverdienten Urlaub mit der Familie in Spanien und vor Auftritten in Hongkong war es dann soweit.

Zur Person: Peter Edelmann geboren am 15. Juni 1962 ist der ältere der beiden Söhne des Baß-Baritons Otto Edelmann, eines legendären Ochs, eines legendären Sachs und hat sich mit einer äußerst profunden Ausbildung an der Wiener Musikakademie als auch bei seinem Vater und einer guten, langsamen Einbindung in den Opernbetrieb in Koblenz eine solide Karriere aufgebaut, die weit über Europa hinaus reicht.

Es war zwar der Wunsch nach einer Sängerlaufbahn vorhanden, aber es gab nicht sofort nach der Mittelschule den richtigen Impuls. Es kam zuerst zu einem halbherzigen Jus-Studium, und erst nach der eingehenden Prüfung der Stimme durch den Vater wurde der definitive Berufsweg eingeschlagen. Die breite Ausbildung an der Musikhochschule in Wien, der zusätzliche Gesangsunterricht beim Vater, brachten sofort ein Engagement nach Koblenz, das ganze fünf Jahre währte, viele Rollen und viel Bühnenerfahrung brachte. Es hatte auch ein Angebot für das Opernstudio in Wien gegeben, aber die Abwägung der Situation brachte eine Entscheidung zu Gunsten der kleineren Bühne in Koblenz. In die Koblenzer Zeit fiel auch die Teilnahme an dem Belvedere-Wettbewerb, in welchem Peter Edelmann den ersten und den Mozart-Preis gewann, was ein Engagement als Figaro im „Barbier von Sevilla“ in Berlin eintrug und auch zu dem Wechsel an die Bühne der Deutschen Oper führte. Peter Edelmann hat nicht nur ein breites Rollenrepertoire im Opernbereich erarbeitet, sondern auch mit viel Spaß und Interesse an der Operette gearbeitet. Seine Vielseitigkeit stellte er auch in Dortmund in „My Fair Lady“ als Musicalsänger unter Beweis.

Die Jahre in Koblenz, in Dortmund, Berlin, Kurzengagements in Mannheim, Wuppertal, Trier und Hamburg brachten die Basis für ein breites Repertoire, das nunmehr nach knapp 15 Jahren 60 Rollen umfaßt. Peter Edelmann ist auch ein begeisterter Lied und Oratoriensänger und setzt hier auf klare und natürliche Interpretation.

Soweit die künstlerische Kurzbiographie. Peter Edelmann ist in zweiter Ehe mit einer spanischen Sängerin verheiratet, die einen Sohn in die Ehe brachte, aber mittlerweile ist die Familie schon wieder größer geworden und Peter Edelmann Vater eines dreijährigen Sohnes.

Peter Edelmann hat nach vielen Jahren des fixen Engagements eine weitgreifende Entscheidung getroffen und den Weg des freischaffendes Künstlers gewählt sowie auch seinen Wohnsitz ins heimatliche Wien verlegt hat. Von hier werden nun die Fäden gezogen, die Engagements fixiert.

Herr Edelmann, lernen Sie Ihre Rollen leicht, und wie gehen Sie vor?
Ich lerne relativ leicht, ich beginne meist allein die Rolle am Klavier zu erarbeiten. Ist die Basis vorhanden, dann setze ich mich mit dem Korrepetitor zusammen. Man muß das aber natürlich auch differenziert sehen, denn nicht an alle Partien kann so herangehen. Ich studiere jetzt z.B. den Eugen Onegin, und da muß ich mir zuerst den Text phonetisch erlernen. Erst dann kann ich die weiteren Schritte machen.

Wie schnell können Sie bereits erlernte Rollen wieder aktivieren?
Wenn es ein gängiges Repertoire betrifft, dann eigentlich sofort. Moderne Werke, die man nur einmal en bloc gesungen hat, brauchen dann schon wieder eine längere Zeit zum Auffrischen.

Wie stehen Sie zur modernen Opernmusik? Sie haben ja einige gesungen?
Man muß diese Erfahrung machen. Es ist zweifellos eine Herausforderung, und es ist auch toll, eine ganz neue Rolle zu kreieren. Problem ist oft nur, daß die Musik nicht für Stimmen geschrieben wurde, und somit schwer zu erarbeiten ist. Ich habe z.B. „Die Soldaten“ von Zimmermann gemacht, was äußerst schwierig war, und auch die Zusammenarbeit mit Willy Decker, dem Regisseur, war nicht einfach, aber insgesamt gesehen, war es eine sehr interessante Arbeit. Auch bei der Uraufführung der Oper „Odysseus auf Ogygia“ von Klaus Arp war ich dabei, eine Arbeit, die ich trotz der Schwierigkeiten nicht missen wollte. Man wächst mit solchen Aufgaben.

Welche Rollen haben habe Sie am meisten bis jetzt gesungen?
Ganz eindeutig den Papageno, 160 Mal.

Wie viele Rollen haben Sie als junger Sänger schon im Repertoire?
Es sind mittlerweile 60, aber einige davon werde ich wohl nicht so bald wieder singen.

Gibt es darunter auch Rollen, die Sie schon ablegen wollen?
Nein, eigentlich nicht, ich fühle mich noch mit allen Rollen wohl, und es gibt auch bei jeder neuen Inszenierung andere, neue Aspekte. Da kann die Frage, die sich heute ständig aufdrängt, und auch sehr oft die Gemüter erhitzt, von mir nicht fehlen. Die moderne Regie… Als Sänger, vor allem als junger und freischaffender Sänger muß man mitmachen, man kann in Gesprächen das eine oder andere abwenden oder minimieren, aber sehr oft sind auch längere Diskussionen mit dem Regisseur fruchtlos, und es endet in Resignation. Es ist nur grundsätzlich bedauerlich, daß gerade bei der Oper, wo eigentlich Musik und Gesang im Vordergrund stehen sollten, das größte Augenmerk bei Regie und Regisseur liegt. Am Theater ist die Situation eine andere, und da ist es weit weniger kraß als bei der Oper.

Was schätzten Sie am modernen Theaterbetrieb was nicht?
Regisseure kommen sehr oft vom Theater und haben wenig Verständnis für die Musik und den Sänger. Es fehlt auch sehr oft ein musikalisches Konzept. Das stört und geht an die Substanz.

Bevorzugen Sie als Sänger Staggione oder Repertoirebetrieb?
Spartenvariation ist wegen der breiten Fächerung sehr interessant. Es macht aber ebenso Spaß, en suite zu singen, denn dabei geht die Entwicklung einer Rolle sehr stark weiter. Mir ist wichtig, daß die Arbeit ein gute ist, und dann mache ich beides gerne.

Sie haben auch bei der leichteren Muse durchaus Ihre Gunst geschenkt, Operette, Musical und auch Fernsehauftritte mit breiter Publikumswirksamkeit bestritten.
Ja, ich habe zwar seinerzeit meinen Vater mit den ersten Operettenauftritten leicht schockiert, aber ich mag Operette, und gut gemachte Operette und gut gesungene Operette ist ebenso schwer auf die Bühne zu bringen wie Oper. Es ist auch ähnlich wie bei der Oper, daß manche Werke kaum gegeben werden, weil die entsprechenden Kräfte fehlen. Nicht unbedingt, daß die Qualität nicht vorhanden wäre, es ist eher mangelndes Interesse und Angst, sich an neue Dinge zu wagen, die nicht ganz ins das Klischee Opernsänger passen. Ich finde, daß man als Sänger sehr profitiert, wenn man in diversen Sparten tätig ist. Die Oper profitiert von der Operette, die Operette von der Oper, und auch das Musical ist ebensowenig zu verachten wie Liedgesang oder Oratorium. Das Wichtigste ist allerdings, daß alles natürlich wirkt, es soll locker und natürlich klingen, dann hat der Zuhörer Freud und Genuß.

Oper in Originalsprache oder Deutsch?
(Nach einigem Zögern, einer Gedankenpause) Originalsprache, auch wenn es manchmal schwierig ist. Die Musik wurde zu einem bestimmten Wortklang komponiert, eine Übersetzung verändert das.

Fühlt man auf der Bühne eine Reaktion des Publikums? Wie wichtig ist eigentlich die Reaktion des Publikums?
Man fühlt die Stimmung des Publikums. Schlechte Stimmung wirkt sich negativ auf die Leistung aus. Selbst, wenn man genau weiß, daß eigentlich alles gestimmt hat. Es ist aber auch so, daß das Publikum selbst oft auch nicht optimal eingestellt ist. Gute Stimmung beflügelt, spornt an.

Lesen Sie Kritiken?
Ja, und hebe sie sogar auch. Über gute Kritiken freut man sich natürlich sehr, über schlechte ärgert man sich, manchmal mehr, manchmal weniger. Auch Kritiker sind nur Menschen.

Haben Sie Vorbilder außer Ihrem Vater?
Ja, doch einige, ich schätze Robert Merrill außerordentlich, auch Leonard Waren und, um nicht nur in der Vergangenheit zu verweilen, Wolfgang Brendel.

Gibt es eine Rolle, die Sie immer singen möchten? Was wünschen Sie sich in der nächsten Zeit?
Also der Papageno ist schon eine Rolle, die ich noch möglichst lange singen möchte. Auch der Wolfram. Und von meinen Wünschen realisiert sich gerade einer: Der Eugen Onegin, mit dem ich im Frühjahr debütieren werde. Gerne würde ich auch den Marquis Posa im Original singen. Und weiter in die Zukunft denkend wäre der Mandryka ein Wunschrolle. Allerdings ist es dafür noch etwas zu früh, aber in 3- 4 Jahren wäre der Zeitpunkt schon gegeben.

Familie und Künstlerleben. Wie kann man das vereinbaren?
Relativ schlecht, man muß versuchen, den Partner möglichst viel, vor allem bei längeren Aufenthalten, mitzunehmen. Mit Kindern stößt man da natürlich auf erhebliche Schwierigkeiten. Längere Trennung ist schwer zu verkraften. Und kostet viel Geld. Die Telefonrechnungen steigen ins Unermeßliche und verschlucken einen großen Teil der Gage. Ich versuche daher, zwischen den Engagement immer eine längere Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Abgesehen von der Trennung macht sich leider auch eine Langeweile breit, der man nur unschwer entkommen kann, wenn man alleine und an ein Hotelzimmer gebunden ist.

Würden Sie wieder die Sängerlaufbahn einschlagen, wenn Sie nochmals vor eine Berufswahl gestellt würden und die Erfahrung von heute hätten?
Ja, ich liebe den Beruf trotz aller damit verbundenen Schwierigkeiten. Es ist wunderschön auf der Bühne zu stehen, wunderbare Musik zu vermitteln und die Freude des Publikums zu spüren.. Allerdings muß man schon berücksichtigen, daß ich natürlich von der Familie heraus und der musikalischen Tradition vorbelastet bin.

Hobbies?
Mein liebstes Hobby neben meinem Beruf ist meine Familie und Reisen mit meiner Familie, ich liebe es auch, mich mit Kunst zu beschäftigen, Ausstellungen, Kulturstätte zu besuchen, und dem Sport bin ich auch nicht abgeneigt. Es schafft einen Ausgleich.

Gehen Sie selbst gerne in die Oper , wenn Sie Zeit dazu haben? Hören Sie Platten?
Ja, ich gehe gerne, sehr gerne in die Oper, nur mangelt es mir an Zeit. Und da geht dann doch die Familie vor. Ich habe früher sehr viel Opernplatten gehört, das mache ich aber jetzt kaum noch, weil ich vom Beruf her sehr auf die Oper konzentriert bin. Ich habe aber eine neue Liebe entdeckt, Kammermusik, vor allem Trios, das entspannt mich sehr.

Pläne für die Zukunft.
Die nächste Zukunft führt mich nach Hongkong für einen Arien- und Liederabend, sowie eine Aufführung des Mozart-Requiem. Im November in Stuttgart gibt es ein Konzert mit meinem Bruder und die Wiederaufnahme einer „Fledermaus“-Aufführung. Und dann muß ich weiter für mein Onegin-Debüt in Amerika arbeiten. Zum Jahreswechsel gibt es ein Neujahrskonzert in Las Palmas, das ich wieder mit meinem Bruder bestreiten werde.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft, was nicht unbedingt mit dem Beruf zusammenhängt?
Noch ein Kind und viel Zeit gemeinsam mit meiner Familie. Der zweite Teil des Wunsches ist der schwierigere. Aber ich bin kein großer Vorausplaner, man muß Dinge herankommen lassen..

Herr Edelmann, ich wünsche Ihnen, daß alle Ihre Wünsche in Erfüllung gehen, die beruflichen und die privaten ganz besonders. Danke für das ausführliche Gespräch. EH