Vom Wiener Sängerknaben zum lyrischen Bariton – Interview mit Paul Armin Edelmann

Ein Gespräch mit Paul Armin EDELMANN Nach den Gesprächen mit Vater Edelmann und dem älteren Bruder Peter war es mir nicht nur ein Bedürfnis und Wunsch, sondern ein absolutes Muß, auch Paul Armin Edelmann um ein Gespräch zu bitten. Wie oft kommt es sonst schon vor, daß von einem begnadeten Künstler ein ebenso talentierter wie interessanter Nachwuchs sich die Opern und Konzernbühne erobert.

Zuerst in Kürze der Werdegang von Paul Armin Edelmann. 1968 in Wien geboren, zeigte er schon früh musikalisches Interesse, sang viel, und so kamen die Eltern auf die Idee, ihn bei den Sängerknaben anzumelden. Vier Jahre war er dann in dem berühmten Wiener Knabenchor Mitglied, sang auch oftmals als Solist. Die Tätigkeit beim Chor endet immer zwangsweise mit dem Stimmbruch. Obwohl schon der Wunsch vorhanden war, in den Sängerberuf einzusteigen , mußte unter der strengen Überwachung des Vaters erst einmal der Stimmbruch ohne Gesang durchgestanden werden, bevor überlegt und überprüft werden konnte, ob sich der Wunsch Paul Armins, ebenfalls Sänger werden zu wollen, realisieren lassen würde.

Also dann mit siebzehn festgestellt wurde, daß eine interessante Stimme herangewachsen war, stand dann dem Traumberuf nichts mehr im Wege, und es konnte an die Ausbildung gehen, welche nach dem Abitur an der Akademie für Musik und Darstellende Kunst stattfand, wo er unter anderem auch von seinem Vater behutsam unterrichtet worden ist.

Sein erstes Engagement nach erfolgreichem Abschluß des Gesangsstudiums führte ihn, wie auch zuvor seinen Bruder Peter nach Koblenz, wo er bis 1997 fix im Engagement war und sich ein solides Repertoire aufbaute.

Eine der Rollen, die er dort schon sehr erfolgreich interpretierte, der Papageno, ist ihm bis heute treu geblieben, und man kann diese schon heute fast als Lebensrolle bezeichnen. Auch in der nächsten Spielzeit der Wiener Volksoper wird man Paul Armin Edelmann in einer „Zauberflöten“-Neuinszenierung in der Rolle des Papageno erleben können.

Seit 1997 ein Wienheimkehrer und freischaffender Künstler mit nationalen und internationalen Verpflichtungen (Wiener Staats- und Volksoper, Mozart-Festival in Schönbrunn, welches leider der Bürokratie zum Opfer fiel, Brüssel, Berlin, Madrid, Valencia, Frankfurt, San Diego, Tokio, New York, Washington) für Oper und Konzert.

Der junge Künstler singt vor allem Mozart, Donizetti, Rossini, deutsche Spieloper, aber auch viel Operette und das mit Leidenschaft. Im Konzert/Liedbereich sind vor allem Beethoven, Mahler, Mozart, Schubert, Schumann, Strauss und Tosti die Komponisten seiner Wahl

Herr Edelmann ist ein lyrischer Bariton, und so ist auch die Rollenauswahl entsprechend: Valentin im „Faust“, Silvio im „Bajazzo“, Gugliemo in „Cosi fan tutte“, Dandini in „Cenerentola“, Figaro im „Barbier von Sevilla“.

Aber auch mit und bei der Operette fühlt sich der junge Sänger wohl und zu Hause, „Fledermaus“ oder „Zigeunerbaron“, um zwei Bespiele zu nennen. Blickt man auf die Rollen und das Repertoire, dann merkt man, daß Paul Armin Edelmann die Zügel seiner Karriere und Zukunftsplanung fest in der Hand hat.

Die Fragen, das Gespräch

Meine Fragen, was nun einen jungen Sänger dazu bewegt, sich als freischaffender Künstler am Markt zu bewerben, wurde dahin gehend beantwortet, daß man trotz der Schwierigkeiten, z.B. kein geregeltes Einkommen, viel glücklicher lebe. Man habe die Zügel für die Karriere selbst in der Hand, man sei nur sich selbst und der Stimme verpflichtet. Ein fixes Engagement enge ein, es bleibe dem Künstler wenig Freizeit, oft durch schlechte Organisation an den Häusern, und somit wenig Raum für die künstlerische Weiterentwicklung.

Weiterentwicklung sei aber das A und O für einen Künstler, könne er dies nicht, dann sei es auch nicht möglich, sich zu positionieren. Hier setzt auch Paul Armin Edelmann klar seine Prioritäten, und nach nunmehr acht Jahren ist eine solide Position erreicht, aus welcher, trotz aller stets vorhandenen Risken, eine breitere Zukunftsplanung möglich gemacht ist.

Bei der Selbständigkeit seien auch die Möglichkeiten zu Vorbereitungen, Studien weitaus größer, und man könne auch mehr Fächer abdecken. Das Schubladisieren entfalle fast gänzlich. Dies merkt man natürlich an der Vielseitigkeit des Künstlers. Neben der Oper, der Operette, Fernsehauftritten nimmt das Lied, der Liederabend einen wesentlich Platz in seiner künstlerischen Tätigkeit ein. Mit großen Engagement widmet sich Paul Armin Edelmann diesem Sektor, zumal es ihm nicht nur besondere Freude bereite, weniger bekannten Stücke zu erarbeiten, sondern auch der Stimme sehr gut tue und sie schlank erhalte.

Sängerknabe … Ein wichtiger Lebensabschnitt von Paul Armin Edelmann. Wie blickt man auf diese Zeit zurück, wo viele Kinder und Eltern vor Neid erblassen? „Die Zeit war ein sehr gutes Training für die spätere Bühnenkarriere, man lernt Disziplin, Ausdauer. Die Entwicklung aber verläuft anders als bei Jungendlichen in dem Alter, und das Leben kann mit dem in der Familie nicht verglichen werden. Es ist schon hart, wenn ein Kind sich nach dem Wochenende zu Hause in der Familie wieder in den Heimbetrieb einfügen muß. Dennoch war dies ein höchst interessanter Lebensabschnitt, der viel Basiswissen und Lebenserfahrung für den heutigen Beruf brachte.“

Regieauswüchse… eine Frage an der man bei keinem Gespräch vorbeigehen kann. „Nun,“ sagte Paul Armin Edelmann, „ich bin nicht immer mit allem einverstanden gewesen, was man so an Ideen produziert hat, aber so lange ich das Gefühl behalten kann, daß die Musik ihren Stellenwert behält, und die Geschichte erzählt bleibt, dann kann ich auch ein modernes Regiekonzept mittragen. Ich hatte das Glück mit großen Regisseuren zu arbeiten , denen es wirklich ein Anliegen ist, die Geschichte ihm Rahmen der Musik zu gestalten, die sich mit der Musik sehr stark beschäftigt haben. Das sind dann jene Aufführungen, die für den Künstler und das Publikum gleichermaßen beglückend sind.“

„Natürlich“, so erzählte Paul Armin Edelmann, „kamen auch Regisseure, wo es keine ganz reibungslose Arbeit gab, da wurde halt dann viel diskutiert, das eine oder andere konnte abgeändert und somit ein Konsens gefunden werden. Wichtig wäre grundsätzlich, daß man zu einem Status kommen sollte, bei dem die Regie wieder hinter dem Werk, der Musik zurücktritt.“

Was wäre wenn sich Künstler den Publikumswünschen anschließen würden, und eine Protesthaltung gegen die Provokateure unter den Regisseure einnehmen würden? Ein kollektiver Streik der Interpreten also…..Das ließe sich nicht realisieren. Ein junger Künstler könne sich das nicht leisten, ohne sich Engagements zu versperren, später fehlt dann die Kraft dazu. Man habe immer den Druck, der zeitlich begrenzten Beruffähigkeit. Man möchte arbeiten, man möchte und muß Geld verdienen.

Nicht zu vergessen der Publicityeffekt; Regisseure machen immer stark von sich reden. „Es wäre sicher leicht, den musealen Charakter der Oper zu durchbrechen und gleichzeitig dem Publikum doch die Chance zu geben, sich im dem Werk zurecht zu finden und den Geist des Komponisten und Dichters zu spüren. Provokation wäre nicht erforderlich.“

Rollenwünsche und Pläne … „Zur Zeit möchte ich noch ein wenig bei den Rollen, die mein Repertoire darstellen, bleiben (Papageno, Gugliemo, Dr. Falke u.a.), aber bei Mozart stehen schon noch zwei Rollen auf der Wunschliste, der Don Giovanni und der ‚Figaro’-Graf. Eine weitere Rolle, die auch mit meiner Stimme im Einklang wäre, der Pelleas.“

Und Verdi?

„Ja, schön wäre der Marquis Posa, und das scheint auch realisierbar in näherer Zukunft, alle anderen Rollen wohl kaum, denn da müßte sich die Stimme drastisch verändern.“

„Aber neben der Oper und Operette liegt mir das Lied ja sehr am Herzen, und dieser Pflege widme ich mich gerne und intensiv. Es gibt hier viel zu entdecken, wieder zu entdecken und zu beleben.“

Eine erste Solo CD, Titel: „Romanze Italiane“, vor kurzem auf dem Markt erschienen, zeigt, welch ungeahnte Schätze einem Sänger zur Entfaltung zur Verfügung stehen. Auch zwei Duett-Recital mit seinem Bruder sind auf dem Markt und erfreuen sich reger Nachfrage.

Nächste Pläne beinhalten Liederabende in Österreich und im benachbarten Ausland. Am 15. und 16. Oktober 2005 gibt es im Musikverein unter Harnoncourt „ der Schauspieldirektor“ (Mozart und „Prima la musica, poi le parole“ (Salieri) konzertant. Im Dezember 2005 steht die erwähnte Neuinszenierung der „Zauberflöte“ an der Wiener Volksoper an. 2006 singt Paul Armin Edelmann in San Diego wieder Papageno, in Tokio Dr. Falke in der „Fledermaus“ (hier wäre der Wunsch nach Eisenstein auch präsent). Als Zuschauer/Zuhörer freue ich mich immer besonders über künstlerisches Engagement und Gewissen, wie dies bei Paul Armin Edelmann und auch seinem Bruder Peter vorhanden ist.

Es wird durchaus interessant sein, die Aktivitäten des jungen Sängers weiter zu verfolgen, und viele gute Wünsche begleiten ihn sowohl für seine künstlerische als auch private Zukunft! EH