„Der Fliegende Holländer“ – 30. Juni 2017

Wieder einmal hatte Christian STÜCKL eine gute Hand, als er auf die Idee kam, im Passionsspielhaus in Oberammergau Richard Wagners Meisterwerk auf die Bühne zu bringen. Dieses Haus bietet mit seiner Akustik trotz einiger Bedenken vorweg eine gute Nutzung gerade für klassische Musik, somit kann man dort während der passionssspiellosen Zeit (diese Spiele finden ja nur alle zehn Jahre statt) ohne Weiteres gerade auch Werke von Richard Wagner aufführen. Christian Stückl, da dort schon allein durch die Passionsspiele erprobt, kann CHOR und STATISTERIE (halb Oberammergau war am Premierenabend auf der Bühne) dort für Massensszenen seiner Inszenierungen und dazu noch klangschön für den Chor sehr gut unterbringen. Er wurde da von Stefan HAGENEIER, der Bühne und Kostüme innehatte und vor allen von Markus ZWINK, der die Choreinstudierung bestens gelungen übernahm, tatkräftig unterstützt.

Im ersten Teil konnte man sich nicht nur durch ein Video in Meeresstimmung schon während der Ouvertüre versetzen, sondern dazu infolge im Hintergrund das Schiff des rastlosen Holländers voll sehen, während ein solches im zweiten Teil fragmentweise im Hintergrund der Bühne war. Vor beiden spielte sich die bekannte Handlung ab in durchdachter Personenführung. Christian Stückl ließ auch das Ende offen, indem er Senta auf das Schiff des Holländers springen ließ, ob damit die Erlösung des Holländers eintritt, konnte nur durch die Musik ausgedrückt werden. Richard Wagners romantische Oper war also bei Christian Stückl in den besten Händen, frei von sonst hineininterpretierten Handlungsgeschehnissen und konnte hielt sich im großen und ganzen an das Originallibretto des Komponisten. Eine einzige handlungsfremde Figur eines Knaben in einer stummen Rolle (Suleman HASHIMI) war in dieser Inszenierung zu finden.

Das für die meisten nicht sichtbare Orchester im untersten Teil der Bühne war mit MUSIKERN DER NEUEN PHILHARMONIE MÜNCHEN, die sich aus Nachwuchsmusikern zusammensetzt, die allesamt namentlich im Programmheft erwähnt sind, besetzt, die unter ihrem Dirigenten Ainars RUBIKIS eine großartige musikalische Interpretation des Werks des Komponisten schaffen konnten, schon allein durch die oben erwähnte gute Akustik.

Christian Stückl traf auch mit seiner Sängerwahl voll ins Schwarze. In der Titelrolle des Holländers stand in Gabor REITZ eine junge Sängerpersönlichkeit auf der Bühne, die nicht nur im Auftrittsmonolog „Die Frist ist um“ das Publikum in den Bann zog, ein sehr gut geschulter kräftiger Bariton, dem man eine Weltkarriere nur wünschen kann. Iliene KINCA war Senta, eine sehr gut geschulte Sopranstimme, der man in der Darstellung ihr Opfern für den Holländer sofort abnahm. Leider hatte sie am Schluß leichte Höhenschwierigkeiten.

Als Daland war Guido JENTJENS eine sehr gute Wahl, ihm gelang die Interpretation des Vaters der Senta, der mit dem Holländer für seine Tochter eine gute Partie witterte, sehr gut in Stimme und Darstellung, dazu David DANHOLT als Erik, der den enttäuschten Liebhaber der Senta gut herausgearbeitet darstellte, aber ein wenig zu lyrisch sang. Sehr gut gefiel der Steuermann von Denzil DELAERE mit kräftigem lyrischen Tenor, selten hörte man eine solch kräftige Wiedergabe dieses Parts, schon durch die sehr gute Akustik des Passionshauses unterstützt. Iris van WIJNEN in der Rolle der Mary (hier war Mary eine Chorleiterin, die das Spinnlied für den Damenchor dirigierte – eine sehr gute Regie-Idee von Christian Stückl ) war ebenso eine sehr gute Wahl.

Die Kostüme von Stefan Hageneier könnten in den fünfziger Jahren angesiedelt sein, man kann sie aber meist als zeitlos bezeichnen.

Es war nicht nur ein musikalischer Genuß in Oberammergau, sondern vor allen Dingen wurde hier mit sehr guter Regie ein unvergeßlich interpretiertes Bühnenwerk geschaffen. Einige Kritiken haben von Mikrofonen bei den Sängern berichtet, ich konnte von meinem Presseplatz aus im Hintergrund des Passionsspielhauses trotz Opernglas ab und an keine erkennen. I.St.