Dieses musikalisch hochkarätige Werk des meist nur als Liedkomponisten bekannten Franzosen Francis Poulenc, zu dem er auch das Libretto selbst schrieb nach einer wahren Begebenheit in der Zeit der französischen Revolution, wo man die Gräber der guillotinierten Nonnen heute noch in Paris besuchen kann, stellte Dimitri TCHERNIAKOV in Inszenierung und Bühne als Geschehnis des 20. Jahrhunderts auf die Bühne (Kostüme Elena ZAYTSEVA) und veränderte den Schluß der Handlung. Schwester Blanche von der Todesangst Christi opferte sich entgegen des Originalgeschehens als Selbstmordattentäterin und sprengte sich in die Luft, während ihre Mitschwestern durch sie gerettet wurden. Da Francis Poulenc sein Libretto für das Werk nach dem gleichnamigen Drama von George Bernanos und nach der Novelle von Gertrud von Lefort „Die letzte am Schaffot“ nach eben dieser Originalbegebenheit verfaßte, stellte der Regisseur durch diese Veränderungen der Handlung gerade durch den Schluß eine neue Oper auf die Bühne, was beim Münchener Opernpublikum teilweise nicht gut ankam. Heftige Buhs am Ende.
Glücklicherweise hörte man aber das Original der Komposition. Da Francis Poulenc ein Komponist des 20.Jahrhunderts war (1899 bis 1963) konnte man bei der Orchestrierung schon zeitgemäß angepaßte Töne finden, melodisch und einfühlend in das Handlungsgeschehen präsentiert Poulenc sein Werk, zu dessen Interpretation man Sänger und Dirigenten braucht, die dieses anspruchsvolle musikalische Werk auch interpretieren können. Bertrand de BILLY schaffte durch sein einfühlsames Dirigat, das BAYERISCHE STAATSORCHESTER klangvoll durch den Abend zu führen.
Dazu stand in der tragenden Rolle der Blanche de la Force mit Christiane KARG eine Sopranistin auf der Bühne, die durch ihre sängerische Darstellung eine Idealbesetzung für diese Partie ist, die ständige Angst und die Seelenqualen dieses zarten Geschöpfes, die sie bis zum Selbstmord überwand, konnte nicht besser auf die Bühne gebracht werden. Dazu ist diese Stimme in der Lage zu färben und daher eine ausdrucksstarke Rolleninterpretation zu erbringen. Vater und Bruder der Blanche, gesungen von Laurent NAOURI und Stanislas de BARBERYRAC waren rollengerecht besetzt, besonders gestaltete Stanislas de Barberyrac seine Tenorpartie in perfekter Abenddisposition.
Aus der klösterlichen Gemeinschaft ragten durch eine äußerst beeindruckende darstellerische Leistung Sylvie BRUNET-GRUPPOSO als Madame de Croissy hervor, besonders geglückt und beeindruckend die Todeszene der von ihr verkörperten Priorin, dazu herausragend die Stimmen von Anne SCHWANEWILMS als Madame Lidoine (diese besonders in den beiden Monologen) und Susanne RESMARK als Mère Marie sowie Anna CHRISTY als Soeur Constance. Heike GRÖTZINGER als Mère Jeanne gestaltete ihre Szene mit Blanche und dem zerstörten Christkind äußerst eindrucksvoll.
Die Partie der Soeur Mathilde war mit Rachel WILSON gut besetzt. Die weiteren Partien mit den Stimmen von Alexander KAIMBACHER, Ulrich REß, Tim KUYPERS, Igor TSARKOV, Andrea BORGHINI, Johannes KAMMLER und Oscar QUEZADA, letzterer lieferte eine besonders beeindruckende Leistung als Beichtvater der Nonnen, waren rollengerecht ausreichend gut besetzt. Der CHOR DER BAYERISCHEN STAATSOPER unter der Einstudierung von Stellario FAGONE, teilweise mit Statisterie, fügten sich werkgerecht ein.
Ein außergewöhnlicher Opernabend an der Bayerischen Staatsoper für Anspruchsvolle.
I.St.