Endlich wieder eine librettogerechte und vernünftige, ansehbare und durchdachte Inszenierung auf der Bühne des Nationaltheaters in München. Diese Inszenierung hatte einstmals Jürgen ROSE inne, ein Meister seines Fachs, der zugleich Bühne, Kostüme und Lichtkonzept übernommen hatte, und den man auch an diesem Abend wieder im Publikum fand.
Die Premiere fand am 1. Juli 2000 statt, und sie hält sich glücklicherweise immer wieder auf der Bühne des Nationlaltheaters, Gott sei Dank. Auszusetzen wie einstmals wäre die meist dunkel gehaltene Bühne, vermutlich deshalb, um die Düsterkreit der mittelalterlichen Verhältnisse generell an den Fürstenhäusern aufzuzeigen, die besonders am spanischen Hof herrschten. Jürgen Rose beeindruckt immer wieder durch seine authentischen Bühnenideen, so wie einstmals bei dem leider nach Japan verkauften „’Rosenkavalier“ (warum?). Besonders auffällig ist immer wieder das Autodafé, welches brennende nackte Ketzer aufzeigte, und der dazu gehörige Einzug vorweg der Geistlichkeit, wie es auch heute in Spanien üblich ist.
Das musikalisch so großartige durchkomponierte Werk Giuseppe Verdis mit dem französischen Originaltext von Josph Mèry und Camille du Locle (die Oper wurde in Paris am 11.März 1887 uraufgeführt- die Aufführung der jetzigen fünfaktigen Fassung war im Dezember 1886 in Modena, italienische Übersetzung von Achille de Lauzières und Angelo Zanardini) enthält wie bekannt unvergleich schöne Arien und Duette und formt zugleich schon musikalisch die auftretenden Charaktere der Figuren, denn das Gesamtwerk wurde nach Schillers Drama „Don Carlos“ verfaßt.
An diesem Abend standen auch Sänger auf der Bühne, die gut ausgewählt waren, da es doch einige krankheitsbedingte Absagen der vorgesehenen Protagonisten gab. In der Reihenfolge des Programmzettels stand John RELYEA als König Philip II. auf der Bühne, der stimmschön und gekonnt die Rolle des unglücklichen, aber herrschsüchtigen Monarchen rollgengerecht wiedergeben konnte, besonders „Ella gammai m’amo“ fand großen Anklang beim Publikum. Sein unglücklicher Sohn Carlo war bei Charles CASTRONOVO in den besten tenoralen Händen, er zeichnete sich in guter Abendform aus und konnte auch darstellerisch diese historische Figur, die ja bekannterrmaßen schwächlich war, gut auf die Bühne bringen, immer unterstützt von Rodrigo, Marquis von Posa, dessen Interpretation Boris PINKHASOVICH übernahm. Sein überaus kräftiger Bariton war in bester Abendform, aber diese Stimme konnte der Figur nicht die freundschafliche Herzenswärme geben, die Zeichnung der aufopfernden Freundschaft bis in den Tod fehlte.
Der Großinquisitor von Dmitry ULYANOV konnte von diesem sehr gut auf der Bühne wiedergegeben werden, besonders stimmlich bestauffällig war der Mönch – Karl V. von Alexander KOPECZI. Elisabeth von Valois war Maria AGRESTA, deren wundervolle Piani in ihrer großen Arie im 5. Akt „Tu che le vanitá“ besonders auffielen und die ihre Rolle daher zum sopranistischen Mittelpunkt machen konnte, was ihr der frenetische Beifall des Publikums am Schluß bewies. Als Eboli war Clémentine MARGAINE auf der Bühne. Ihr Auftrittslied im 2. Akt kam kompositionsgerecht zum Publikum, bei „O don fatale“ konnte sie sich noch einmal steigern und konnte sich hier stimmlich gut dem Publikum präsentieren.
Der Page Tebaldo, interpretiert von der Sopranistin Erika BAIKOFF kam rollengerecht auf die Bühne, Galeanio SALAS in zwei Rollen, die des Grafen von Lerma und des königlichen Herolds kam, ebenso einfügend in das Bühnengeschehen auf die Bühne, ebenso die Stimme des Himmels von Jessica NILES in dieser kurzen Partie. Die flandrischen Deputierten waren mit Christian RIEGER, Andrew HAMILTON, Thomas MOLE, Daniel NOYOLA, Roman CHABARANOK und Gabriel ROLLINSON, ausreichend besetzt.
Nun muß endlich auf die hervorragende und für Verdi gerade prädistinierte Stabführung von Daniele RUSTIONI eingegangen werden. Denn ganz selten hört man wie bei diesem seinem Dirigat die unvergleiche Kompositionsweise von Giuseppe Verdi heraus, ein Fachmann für italienische Oper, der auch von der Bühne aus bei seinem frenetischen Schluß-Beifall jedem einzelnen Musiker im Orchestergraben dankte, eine selten gezeigte Geste eines zufriedenen Dirigenten. Man freut sich auf weitere Dirigate seinerseits. I.St.