3. Sonntagskonzert des Bayerischen Rundfunks
Mit einer sensationellen konzertanten Aufführung der nahezu unbekannten Oper „Cinq-Mars“ (man findet sie in keinem Opernführer) von Charles Gounod gedachte der Bayerische Rundfunk dem viel zu früh verstorbenen Chefdirigenten seines Orchesters Marcello Viotti zum 10. Todestag. Es könnte für ihn kein würdigeres Gedenken geben, als dieses Werk wenigstens konzertant auf die Bühne zu bringen, da er ja ein großer Entdecker selten gespielter Werke war.
So fand diese Aufführung auch in Kooperation mit Palazetto Bru Zane – Centre de musique romantique francaise, die seltsamer Weise ihren Sitz in Venedig hat, und die sich mit der Forschung und Entdeckung der französischen Musik der Vergangenheit beschäftigt und von der auch die Partitur des Werks stammt. Und was war das für eine Komposition von Charles Gounod – eine Musik voller Dramatik, melodisch und einfühlsam für die Sänger mit ausgefeilten Duetten und Arien und großen Chorszenen (Besteinstudierung von Stellario FAGONE). Die Handlung (Libretto von Paul Poirson und Louis Gallet) beruht auf einer historisch erwiesenen wahren Begebenheit, der Titelheld Marquis de Cinq-Mars, Ludwig XIII von Frankreich treu ergeben, schloß sich Verschwörern gegen Kardinal Richelieu an und fand zusammen mit seinem Freund Consellier de Thou bei Aufdeckung der Verschwörung durch das Schwert den Tod, eingebunden ist eine Liebesgeschichte mit der Prinzessin Marie de Conzague, der späteren Königin von Polen.
Für diese sogenannte Uraufführung in Deutschland waren in den Hauptpartien vorwiegend französische Sänger engagiert. So sprang auch für den plötzlich erkrankten Sänger der Hauptpartie ein weiterer Franzose Mathias VIDAL innerhalb von vierundzwanzig Stunden ein, und meisterte diese ungeheuer schwierige Tenorpartie mit strahlender und perfekter Disposition. Das Publikum dankte ihm für diese Bravourleistung mit lang anhaltendem frenetischem Applaus. A star war born.
In der weiblichen Hauptpartie in der Rolle der Marie stand ein Weltstar auf der Bühne, nämlich Véronique GENS, die ihren Part mit äußerst ausgefeilten piani und weich und anschmiegsam diese liebende Frau des 17. Jahrhunderts interpretierte. Norma NAHOUN mit leuchtenden höhensicheren Sopranhöhen als Marion Delorme und Marie LENORMAND als Nino und Schäfer waren in diesem Werk eine sehr gute Wahl.
Bei den Herren traten besonders hervor die lyrisch weiche Baritonstimme von Tassis CHRISTOYANNIS als Consellier de Thou, André HEYBOER als Vicomte De Fronatallies und vor allem Andrew FORSTER-WILLIAMS als Pater Joseph. Andrew LEPRI MEYER als Solist aus dem Chor des Bayerischen Rundfunks als polnischer Botschafter, Jacques-Greg BELOBO als König und Kanzler sowie Matthias ETTMAYER und Wolfgang KLOSE, letztere in kleinen Nebenparts, waren gut gewählt und fügten sich bestens in das grandiose Werk Gounods ein.
Ulf SCHIRMER führte das MÜNCHNER RUNDFUNKORCHESTER wie gewohnt routiniert durch diesen großen musikalischen Abend, ihm sei zu danken, daß er sich diesen vergessenen Werken in vorbildlicher Weise annimmt.
Man möchte diese Besprechung mit Dank und einem großen Bravissimo für alle Beteiligten abschließen im Gedenken an den großen Dirigenten Marcello Viotti.
I.St.