Giacomo Puccini wollte mit diesen drei in der Handlung stark kontrastierenden Einaktern ein Triptychon schaffen, nämlich ein tragisches, sentimentales und komisches Werk, und wollte diese musikalisch miteinander verbinden („Il tabarro“ – Der Mantel, „Suor Angelica“ und „Gianni Schicchi“). Auf der Suche, seine Gedanken zu verwirklichen, fand er nach langwierigen Bemühungen endlich die passenden Libretti und dazu zu die passenden Librettisten für den „Tabarro“ Giuseppe Adama und die beiden letzten Opern „Suor Angelica“ und „Gianni Schicchi“ Giovacchino Forzano. Dieses Ziel des Komponisten wurde durch die durchdachte Inszenierung der drei Werke von Lotte de BEER gelungen verwirklicht. Diese Verwirklichung fand durch einen Tunnel mit Lichteffekten statt, die gerade beim 1. Werk, dem „Tabarro“ etwas zu grell einige Besucher der Parkettplätze blendeten, geschaffen zusammen mit dem Bühnenbildner Bernhard HAMMER in konzeptioneller Beratung von Peter te NUYL. Man schuf also ein verwandelbares Einheitsbühnenbild, so daß alle drei Werke Puccinis partitur- und librettogerecht zum Publikum kommen. Die Kostüme von Jorine van BECK paßten sich sehr gut den jeweiligen Werken an, so daß man hier von einem überlegten und sehr gut durchdachten auf die Bühne gebrachten Gesamtwerk in bester Teamarbeit sprechen kann.
Musikalisch war wiederum für Bestinterpreten in den jeweiligen Partien der einzelnen Werke gesorgt, am Pult durch Kirill PETRENKOetrenko unterstützt, der wiederum für einen perfekten Verismo sorgte. Im „Tabarro“, der schon handlungsgerecht durch den Sarg des gemeinsamen Kindes von Michele – der sonst für Richard-Wagner zuständige Wolfgang KOCH sang ungewohnt, aber gekonnt eine Verismo-Partie – und Giorgetta – Eva-Maria WESTBROEKestbroek mit einer guten Abendleistung – gleich zu Anfang auf der Bühne das kommende tragische Ende des Stückes erahnen ließ, traten neben den erwähnten beiden Protagonisten noch Yonghoon LEE als der unglückliche Luigi auf, der mit manchmal allzu kräftigen Tenortönen allerdings mit sehr guter Höhe den getöteten Liebhaber gut auf die Bühne brachte. Heike GRÖTzINGER als Fragola (Frettchen) sang in bester Abendform, während wieder Kevin CONNERS als Tinca und Martin SNELL als Talpa sehr gute Studien erbrachten.
Dean POWER als Liedverkäufer und das Liebespaar von Rosa FEOLA und Pavol BRESLIK fügten sich gut ein. Letztere sah und hörte man dann in „Gianni Schicchi“ wieder, wobei in der Rolle des Rinnuccio Pavol Breslik ein stimmliches Mißgeschick während des Abends ereilte, das durch den ihn großartig vertretenden Galeano SALAS aus dem Opernstudio der Bayerischen Staatsoper ausgeglichen werden konnte. Durch diese stimmige Inszenierung konnte mit den Sargträgern des Sargs des Luigi ein Übergang zur nächsten Oper geschaffen werden, wobei man sofort sich in der klösterlichen Welt zurecht fand.
In der Titelpartie der „Suor Angelica“ hörte man Ermonela JAHO, die sich in der Rolle der unglücklichen Adeligen, die man durch die Geburt eines ledigen Kindes ins Kloster verbannte und die sich, als sie erfahren mußte, daß dieses Kind verstorben war, mit diesem im Selbstgiftmord vereinen wollte und dann die Ängste des Verbanntseins noch in der Sterbestunde durchlebte, bestens zu recht fand, eine Stimme, die ungeheuren Ausdruck darin erbringen kann, sie scheint prädistiniert für diese Partie. Als Gegenspielerin La zia principessa zeigte Michaela SCHUSTER eine ungeheure Ausdruckstärke, sie konnte die Bösartigkeit dieser alten Tante hervorragend herüberbringen und war in sehr guter stimmlicher Verfassung an diesem Abend, wobei man ihr auch noch in Gianni Schicci die komische Rolle der Zita anvertraute, zwei gegensätzliche Partien in bester Gestaltung.
Hier wiederum Heike Grötzinger als Badessa (manche Protagonisten sangen zwei Partien in den verschiedenen Einaktern) und Helena ZUBANOVIC als Suor zelatrice und Jennifer JOHNSTON als maestra delle novize fügten sich sehr gut ein sowie die übrigen Mitschwestern und Novizinnen der Angelica ebenfalls eine excellente Ensembleleistung darboten (die meisten Partien waren mit Mitgliedern aus dem Opernstudio der Bayerischen Staatsoper besetzt, die bewiesen, welche hervorragende Sänger diesem angehören).
Nun zum dritten, also dem komischen Werk Puccinis in seinem Dreigestirn, dem „Gianni Schicchi“, dessen Handlung im 13. Jahrhundert in Florenz spielt, ein Werk, das einen schlauen und durchtriebenen Emporkömmling aus dem Lande zeigt, der auf Veranlassung der erbewütigen Verwandtschaft des Erblassers in dessen Rolle schlüpft und dadurch sich selbst zum Erben einsetzt, wird hier dem Publikum zu Recht nach der Pause geboten. Dem Tunnelbühnenbild paßt sich hier die Kulisse des Mittelalters sehr gut an, ebenso wie schon erwähnt die absolut zeitgerechten Kostüme von Jorine van Beck.
In der Titelpartie glänzte Ambrogio MAESTRI, dessen Bariton besondere Färbung in komischen Rollen zeigen kann, als Lauretta Rosa Feola, die „Oh mio babbino caro“ wieder zum Mittelpunkt der Oper machen konnte, in den weiteren Rollen der Programmangabe außer Michaela Schuster und Pavol Breslik wie schon oben erwähnt, konnte man eine sehr gute Ensembleleistung erleben, allen voran Dean Power als Gherardo, Selene ZANETTI als Nella, Alban MONDO als Gherardino, Christian RIEGER als Betto di Signa, Martin Snell als Simone, Sean Michael PLUMB als Marco sowie Jennifer Johnston als La Ciesca. Sehr gute Leistungen erbrachten vor allen Dingen Donato Di STEFANO als Maestro Spinelloccio und Andrea BORGHINI als Notar di Niccolao. Pinellino Milan SILJANOV und Boris PRYGL als Guccio, beide ebenfalls aus dem Opernstudio der Bayerischen Staatsoper, fügten sich sehr gut ein.
Der CHOR DER BAYERISCHEN STAATSOPER unter der gekonnten Einstudierung von Stellario FAGONE gab wieder sein Bestes. I.St.