Mit dieser leider zumindest an unserem Opernhaus selten gespielten musikalisch so ausdrucksstarken Oper von Wolfgang Amadeus Mozart stellte sich die Assistentin von GMD Petrenko Oksana LYNIV mit einem außergewöhnlich frischen jugendlich temperamentvollem Dirigat vor; Mozart in dieser Weise zu dirigieren ist ein Ohrenschmaus, man kann von diesem jungen frischen Wind an unserem Opernhaus viel Neues und Bestes erwarten.
Bei dieser Wiederaufnahme, die glücklicherweise von Jan BOSSE zeitgerecht ins antike Rom versetzt wurde (Bühnenbild Stéphane LAIMÉ), kann man von einer geglückten Inszenierung sprechen. Etwas ungewohnt allerdings war, daß die Orchesternusiker sich einzeln zu ihrem Platz im Orchestergraben begaben, und das nicht nur zu Beginn, sondern auch nach den Rezitativen auf die Bühne kamen, so daß dies bei manchen Passagen sich musikalisch störend auswirkte. Die Bassettklarinette sowie das Bassetthorn, von Andreas SCHABLAS und Martina BECK meisterlich interpretiert, auf der Bühne zu finden, war allerdings eine sehr gute auflockernde Regie-Idee.
Den CHOR (geglückte Choreinstudierung wie stets von Sören ECKHOFF) und einen Teil der Interpreten steckte man in Barock-Kostüme (Victoria BEHR), was an die Mozart-Zeit erinnern sollte, in der das Werk seinen Ursprung ja hat. Gesungen wurde librettogerecht nach den Texten von Pietro Metastasio in Verbindung von Caterino Tommaso Mazzolá in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln mit teilweise Video-Aufnahmen von Bibi ABEL, letztere fügten sich sinnvoll in die Arien und Duette der Protagonisten ein.
Als Tito Vespasiano sprang für den erkrankten Daniel Behle Charles WORKMAN kurzfristig ein, der diese Rolle perfekt mit aller für diese Partie notwendiger Stimmperfektion sang. Als Vitelia Kristine OPOLAIS, ihr gelang die im letzten Teil der Oper zu singende lange Schlußarie – das Schuldbekenntnis der Vitelia – mühelos und höhensicher. Als Sesto bot Angela BROWER eine Bavourleistung, besonders ihr fälschliches Schuldbekenntnis – dramatisch gesungen -machte sie zum Höhepunkt des Abends.
Hanna-Elisabeth MÜLLER ließ wieder einmal perfekt ihre Stimme als Servilia erstrahlen, als Annio erlebte man rollengerecht den kräftigen Mezzo von Serena MALFI. Zur Auflockerung des Bühnengeschehens mußte Tareq NAZIMI als Publio sorgen, der wohl ein in den Feldzügen des Tito geraubter Perser war, da er in einem langen Rock und merkwürdigem Kopfputz kostümiert Treppauf und Treppab rasen mußte, dazu aber bravourös sang.
Ein lang vermißter musikalisch hochkarätiger Mozart-Abend in der Staatsoper München.
I.St.