Im Wege ihrer Stream-Serie „Montagsstücke“ erlebte man an der Bayerischen Staatsoper ein Wagnis des Regisseurs Marus H. ROSENMÜLLER, der die einaktige Opera comique von Gioachino Rossini als Verschmelzung Oper mit Film auf die Bühne des Nationaltheater brachte. Der reizende Einakter mit dem Untertitel „ossia Il figlio per azzardo“ wurde aus diesem Grund in schwarz/weiß gezeigt und der während der kleinen Ouvertüre auch mit Untertiteln, die Handlung vorausschickend, Stummfilmcharakter zeigte, ein Experiment, das gelungen war und weder bei Musik und Gesang störend wirkte.
Der amüsante Einakter des Komponisten, auch als farsa giocosa per musica bezeichnet, der nicht nur für die große opera seria als Belcanto-Komponist gilt, sondern gerade auch federführend für die opera buffa gilt, konnte hier mit ausgezeichneten Interpreten an unserem Opernhaus glücklicherweise wieder Fuß fassen. Marcus H. Rosenmüller zeigte zur Handlung die Nöte des Opernimpressarios Gaudenzia auf, dessen Opernhaus in Venedig San Moisee pleite ist, dieser aber einen reichen Opernfan namens Bruschino kennt, der ihm durch Verkupplung seines Mündels Sofia mit dessen mißratenen Sohn aus der Patsche helfen soll, diese aber wiederum bereits einem anderen namens Florville angehört, und der sich um seiner Geliebten nahe zu sein, als Sohn des Bruschino in die Familie einschleicht. Am Ende, wie könnte es anders sein, taucht auch der „mißratene“ Sohn auf, die Situation entspannt sich, und das richtige Paar kommt zusammen.
Die musikalische Leitung hatte Antonio FOGLIANI, der das ORCHESTER DER BAYERISCHEN STAATSOPER – bekannt durch seine beste Rossini–Kenntnis – und die Sänger sehr gut durch den Abend führen konnte.
In der Titelpartie des alten Bruschino erlebte man einen Rossini-Interpreten der Weltklasse, nämlich Paolo BORDOGNA, ihn auf der Bühne zu erleben, ist jedesmal ein Erlebnis, da er einen perfekten Rossini wiedergibt, so wie man sich diese Partien in dieser Stimmlage vorstellt. Als verkappten Operndirektor Gaudenzio erlebte man Misha KIRIA, der sich im Laufe des Abends von Mal zu Mal stimmlich steigern konnte, als sein Mündel Sofia war Emily POGOREIC auf der Bühne (als Schneiderin der Theaterkleidung eingesetzt), die stimmlich etwas dünn wirkte.
Als kommende Rossini-Tenor-Größe stand der kanadische Tenor Josh LOVELL auf der Bühne, wohl sein Debüt am Haus, der den schlauen Florville in stimmlicher und darstellerischer Perfektion auf die Bühne bringen konnte. Eine weitere Entdeckung für die Bayerische Staatsoper wäre Edwin CROSSLEY-MERCER als Filiberto, der bei seinen Auftritten stimmlich wie darstellerisch sehr gut gefiel. Andrew HAMILTON und Eliza BOOM als Polizeioffizier und Marianna konnten sich in die Riege der sehr guten Rossini-Interpreten sehr gut einfügen, während Andres AGUDELO in der kurzen Rolle des Auftritts des tatsächlichen Sohnes des Signor Bruschino wenig Möglichkeiten hatte, sein Gesangskönnen zu beweisen, allerdings darstellerisch in Bestform.
Alles in allem eine erfreuliche Abwechslung aus dem öden andauernden Lockdown. I.St.