Dieses Mal wagte sich die Bayerische Staatsoper an Franz Lehars musikalisches Meisterwerk „Schön ist die Welt“, also eine Operette, die man außer der „Fledermaus“ an Sylvester oder zu Karnevalszeiten dort kaum zu hören bekommt, geschweige denn zu sehen. Franz Lehar, der in diesem Stück auch wieder mal seinen Lieblingstenor Richard Tauber in wundervollen Tenorarien verewigte, schrieb hier eine seiner anspruchsvollsten Partituren. Leider konnte sich aber das 1930 uraufgeführte Werk (es sangen die Uraufführung Richard Tauber und die unvergessene Gitta Alpár) wenig auf den Bühnen durchsetzen, obwohl die Melodien darin eigentlich unvergeßliche Ohrwürmer sind.
Die Bayerische Staatsoper nun versuchte, gerade mit diesem Titel des Werks im Wege der Montagsstücke dem Internetpublikum aufzuzeigen, daß trotz der erheblichen Pandemiemaßnahmen doch die Welt schön ist, und das Leben trotz aller Einschränkungen lebenswert erscheint. Die Handlung entspricht nicht einer Realität, ein versprochenes Königspaar lernt sich in den Bergen, ohne zu wissen, wer der eine oder andere ist, kennen und lieben. Hier lernt der Internetzuseher die beiden Librettisten Ludwig Herzer und Fritz-Löhner kennen, deren Texte allerdings nur in den jeweiligen musikalischen Interpretationen zu Gehör kamen, denn die Handlung wurde durch den Conférencier des Abends Max HOPP, der sich seine Texte selbst verfaßte und der auch in den Rollen des Königs und Hoteldirektor auftrat, sich selbst auf den Leib geschrieben zu haben scheint. Er sprach sogar die verbindenden Texte der Protagonisten, obwohl diese mit Sicherheit selbst ihre Sprechtexte interpretieren könnten, sie mußten während dieser Aktion stocksteif sich auf der Bühne gegenüberstehen. Man hatte fast den Eindruck, daß der Abend in der Hand des Moderators lag.
Dieses großartige musikalische Werk des Komponisten wurde halbszenisch auf die Bühne der Bayerischen Staatsoper gebracht, wo auch das ORCHESTER platziert war, und wo Friedrich HAIDER mit viel Schwung – manchmal zu viel Schwung – für das Musikalische des Abends sorgte. Diese halbszenische Inszenierung ist Tobias RIBITZKI im übrigen aber ohne diese Einschränkungen im Großen und Ganzen gelungen.
Die beiden Königskinder wurden von der Sopranistin Julia KLEITER und dem Tenor Sebastian KOHLHEPP gut und gesanglich perfekt interpretiert, wobei besonders Sebastian Kohlhepp die Gedanken des Komponisten gerade in den Richard-Tauber-Interpretationen („Liebste, glaub an mich“ usw.) und in dem Auftrittslied des Prinzen „Schön ist die Welt“ sein perfektes tenorales Können zeigen konnte.
Besonders beeindruckend war die Leistung des Buffo-Paares Mercedes del Rossa und Graf Karlowitsch – Juliana ZARA und Manuel GÜNTHER -, die beide in ihren Rolleninterpretationen ihr ganzes Können beweisen konnten. Gerade Frau Zara hat die Ausstrahlung einer perfekten Soubrette nicht nur der Operette, sie zeigte gerade in dem Ohrenwurm „Rio de Janeiro“ ein großes schauspielerisches und wie in ihren weiteren Auftritten tänzerisches Können. Besonders beeindruckend für die Pandemiezeit die Liebesszenen der beiden (sicher werden alle Darsteller vor ihrem Auftritt getestet).
In den weiteren kleineren Rollen wie der Hotelgäste traten Mitglieder des Opernstudios wie Eliza BOOM – die auch in der Rolle der Herzogin Brankenhorst auf der Bühne war – Yajie ZHANG, Andrew HAMILTON und James LEY auf, die sich in diese Inszenierung gut einfügen konnten.
Am Schluß – nach dem Schlußduett der beiden Königskinder – fiel das Internetpublikum im wahrsten Sinne des Wortes in ein schwarzes Loch, in dem nur wieder das Gesicht des Moderators auftauchte mit den Worten „Ende der Übertragung“.
La comedia war finita. Warum nach einigen Stunden der Entspannung und Lebensfreude so ein trübes Ende? I.St.