Mit dieser Wiederaufnahme von Mozarts Meisterwerk – Premiere war am 24. Juni 2017 und ist von Zeit zu Zeit immer wieder auf dem Spielplan des Staatstheaters am Gärtnerplatz zu finden – wird bewiesen, daß sich solche Inszenierungen für einen immerwährenden starken Publikumszulauf eignen (dieser Abend war sichtbar ausverkauft), denn sie sind durchdacht und librettogerecht auf der Bühne, so auch dieser „Don Giovanni“, dessen Inszenierung einstmals Herbert FÖTTINGER in dieser grandiosen Weise auf die Bühne brachte.
Mit einem sich immerwährenden Dreh-Bühnenbild schon während der Ouvertüre konnte man sich bestens auf die verschiedenen kommenden Handlungsplätze einstimmen, die Idee dazu hatte Walter VOGELWEIDER, wobei auch die in der Jetztzeit sich befindlichen Kostüme von Alfred MAYERHOFER sich bestens den Regie-Ideen von Herbert Föttinger anpaßten. Man fühlte sich trotz der Modernen voll in der vergangenen Welt des Namensgebers der Oper und konnte sich dadurch bestens in das Handlungsgeschehen einfühlen. Allerdings gab es viel Nacktheit in CHOR und STATISTERIE zu sehen.
Musikalisch lag der Abend in den bewährten Händen des Chefdirigenten des Theaters Rubén DUBROVSKY, einem Spezialisten für Barockmusik, und deshalb zeigt sich immer wieder durch seine gefühlvolle Dirigathand gerade für Mozart eine abendliche Bestleistung aus dem ORCHESTER DES STAATSTHEATERS herauszuarbeiten.
Nun muß letztendlich auf die Protagonisten des Abends eingegangen werden – die meisten stammen aus dem Ensemble des Staatstheaters am Gärtnerplatz – das in der Folge des Programmzettels. An diesem Abend hatte man sich wohl die Besten der Besten aus dem Ensemble erwählt.
In der Titelrolle erlebte man Timos SIRLANTZIS, der nicht nur im Aussehen und Bühnenpräsenz eine Idealfigur des Titelträgers darstellt, sondern in vollendeter stimmlicher Perfektion mit dieser Rolle vertraut zu sein scheint, offenbar wie bekannt geworden seine Traumrolle. Sophie BROMMER in der Rolle der Donna Anna konnte sich stimmlich wie darstellerisch gut in die Ensemble-Riege einfügen. Als Don Ottavio erlebte man Guyla RAB, seine Arien trug er in stimmlicher tenoraler Bestinterpretation vor.
In der Rolle des Komturs erlebte man Holger OHLMANN, wobei hier anzumerken wäre, daß der Komtur sich in dieser Inszenierung ab der Friedhofszene bis zum Ende der Oper in Form einer Gipschristusfigur auf der Bühne befand, wobei die Einladung auf dem Friedhof Don Giovanni bereits beginnend traumatisiert selbst gesanglich übernahm, und traumatisiert erschoß er sich am Ende der Oper.
Die schwierige Partie der Donna Elvira mit einer Mezzosopranistin zu besetzen, kann man durch Sophie RENNERT als äußerst geglückt bezeichnen, sie brachte die ausgesprochen anspruchsvolle Arie im letzten Teil der Oper zu einer unglaublichen stimmlichen Perfektion gerade in der Höhe, was ihr auch der Beifall bewies. Was kann Frau Rennert eigentlich nicht? Als eine Jahrhundertstimme möchte man sie bezeichnen.
Was nun den Interpreten des Leporello betrifft, so hat das Staatstheater am Gärtnerplatz im Ensemble einen jungen Bassisten, nämlich Lukas Enoch LEMCKE, der in dieser Rolle sein besonderes darstellerisches und stimmliches Können bewies und dieses voll ausleben konnte, gerade in den Szenen mit Timos Sirlantzis zeigte er, daß hier ein rivalisierendes „männliches Traumpaar“ auf der Bühne war.
Ein besonderes Augenmerk muß auf die beiden Sänger der Zerlina und des Masetto gelegt werden, die beide das Publikum mit einem perfekten stimmlichen Können und in der Darstellung überraschten – nämlich Anna TETRUASHVILI und Jeremy BOULTON, die man beide gerne auf der Bühne des Gärtnerplatztheaters wieder hören und sehen würde. Die sehr gute Choreinstudierung lag in den Händen von Dovilė ŠIUPĖNYTĖ.
Was würde man ohne solch perfekte Opernabende in München tun, wo alles stimmt, Musikalität, Regie, Bühnenbild und Kostüme? München wäre arm. I.St.