„Cavalleria Rusticana“/„I Pagliacci“ – 12. Juli 2025

Zum 150. Geburtstag der Opernfestspiele brachte die Bayerische Staatsoper zwei lang vermißte Verismo-Werke heraus, nämlich Pietro Mascagnis Meisterwerk, die „Cavalleria Rusticana“ und dabei darf Ruggero Leoncavallo nicht fehlen, dessen „Pagliacci“ einfach dazugehört, denn diese beiden Opern werden seit Jahren immer gemeinsam aufgeführt.

Nachdem beide Libretti nach wahren Begebenheiten der damaligen Zeit verfaßt wurden – das Libretto der „Cavalleria“ wurde von Giovanni Targioni und Guido Menasci nach den Scene popolari von dem sizilianischen Schriftsteller und Journalisten Giovanni Verga verfaßt, während das Libretto der „Pagliacci“ vom Komponisten selbst geschrieben wurde.

Die Regie von Francesco MICHELI enthielt nur bei der „Cavalleria“ dem Libretto stand, während sie bei „Pagliaccci“ nicht den Publikumsgedanken entsprach. Bei letzterem entstand ein völlig, man möchte fast sagen, unverständliches Werk, das nur durch die Interpreten der Musik zum Publikum kam. Das merkwürdige Bühnenbild nebst den dazu passenden Kostümen (Eduardo SANCHI und Daniela CAMIGLIARO) konnte nur bei der „Cavalleria“ etwas Verständnis finden. Die Choreographie von Matia AGATIELO paßte sich den Inszenierungsideen an, wobei man alles in allem nur bei „Cavalleria“ eine verständliche Widergabe herausfinden konnte.

Hier war Turiddu ein sizilianischer Gastarbeiter, der in einem auf der Bühne befindlichem authentischem Zug aus München nach Palermo zum Heimaturlaub entstieg, so daß es nach seiner heimatlichen Ankunft dann zum folgenschweren Liebesverhältnis zu Lola kam, Santuzza war für ihn nur ein Zeitvertreib. Das von Alfio geplante Duell, in sizilianischen Verhältnissen der damaligen Zeit bei Ehebruch Gang und Gäbe, fand nicht statt, denn der Regisseur ließ Turiddu davor verschwinden, also ließ er ihn am Leben. Auch gab es keinen Ohrbiß, sondern man arbeitete mit Wasser, was wiederum nicht librettogerecht war, und es wurden einige Szenen eingebaut, die zwar in die Handlungsfolge paßten, aber nicht librettogerecht waren.

Aber trotzdem mag hier von einer sinnvollen und logischeren Interpretation des Bühnenwerks gesprochen werden als von den darauffolgenden „Pagliacci“, der szenisch schon unverständlich in einem Ristorante spielt und dadurch eine völlig andere Szenerie schafft, als dem Publikum bekannt ist. Mehr mag und kann über diese Fehlinszenierung nicht geschrieben werden.

Von der musikalischen Seite kann man nur von sängerischen Bestleistungen sprechen, zumal an diesem Abend auch ein Dirigent das ORCHESTER DER BAYERISCHEN STAATSOPER zu einer veristischen Bestleistung führen konnte, nämlich Daniele CALLEGARI, der gerade für Verismo-Oper ein großes musikalisches Einfühlvermögen aufwies, was die jeweiligen Intermezzi und Zwischenspiele aufzeigten.

Daher kam es – und nicht nur deshalb – zu einem sensationellen Auftritt eines Ausnahmetenors als Turiddu, nämlich Jonathan TETELMAN, dessen Tenor kräftig und doch, ausgestattet mit einer hervorragenden Technik und piani, jede Phrase seines Parts bestens zum Publikum bringen konnte, und der dazu noch äußerlich ebenso bestens für diese Rolle geeignet ist, ein echter Sizilianer in der Darstellung. In der Rolle der verzweifelten Ersatz-Geliebten Santuzza war Anna PIROZZI eine absolute Bestbesetzung, eine weiche und doch dramatisch geformte Sopranstimme, die trotz Einspringens in dieser Partie ihre Rolle bestens zum Publikum brachte. Eine lange nicht gehörte Stimme, vielleicht auch altersbedingt, war mit Rosalind PLOWRIGHT als Mama Lucia bestens besetzt.

Wolfgang KOCH als Alfio, den man auch im Pagliacci auf der Bühne mit einem gut gesungenen Prolog des Tonio auf der Bühne sah, war ebenso gut besetzt, wie Rihab CHAIB als Lola. In den weiteren Rollen eines Pagliaccio, Canio/Turiddu und Santuzzas Vater, im Programmzettel bei der „Cavalleria“ vermerkt, waren Oliver EXNER und Jürgen KILSCH auf der Bühne, die nicht gesichtet werden konnten.

Als Canio in den „Pagliacci“ erlebte man einen sehr gut disponierten Jonas KAUFMANN, der am Schluß nach dem Mord der Nedda ebenfalls unbemerkt in die Ferne zog. Für die Rolle der Nedda hatte man Ailyn PÈREZ erwählt, die sich offenbar in der Inszenierung nicht wohl fühlte, denn das berühmte Vogellied erklang ohne Gefühl. Auch ihr Eingefüge in das Handlungsgeschehen wirkte unbeteiligt.

Als weiterer Pagliaccio war Granit MUSLIU wie gewohnt in tenoraler guter Abendform auf der Bühne, während Andrzej FILORIZYK als Silvio den Reigen der guten Abendleistungen schließen konnte. In den Rollen von zwei Bauern waren Christian RIEGER und Zachary RIOUX gut auf der Bühne, während wieder der CHOR DER BAYERISCHEN STAATSOPER unter Christoph HEIL den Abend bestens abrunden konnte.

Alles in allem kann hier nur bei der Cavalleria von einer einigermaßen verständlichen Regie gesprochen werden. I.St.