Der Regisseur dieser hochnusikalisch wertvollen Oper von Richard Strauss Krzysztof WARLIKOWSKI legte die biblische allbekannte Handlung des Stücks in eine Art Bibliotheksaal, in dem sich die zur Deportation versammelten Juden aufhielten, die vor ihrem Abtransport noch einmal das biblische Geschehen nachspielten, das sich vor 2000 Jahren ereignete und auf das allseits bekannt nicht näher einzugehen bedarf.
Dieses Musikdrama in einem Aufzug nach Oscar Wildes gleichnamiger Dichtung findet durch die Musik des Komponisten immer wieder großen Anklang beim Publikum, das an diesem Abend wieder voll nicht nur durch die Sängerdarsteller seinen musikalischen Genuß erhielt.
Die musikalische Leitung hatte Francois-Xavier ROTH, der das ORCHESTER DER BAYERISCHEN STAATSOPER sowie die Protagonisten routiniert durch den Abernd führte.
Allerings lag der Abend ganz in den Händen der Titelfigur, nämlich Camilla NYLUND, die diese Rolle in einer außergewöhnlichen Perfektion verkörperte. Ihre Darstellung dieser perversen biblischen Figur, die sich durch einen Kuß des Hauptes des Jochanaan befriedigen wollte, gelang Camilla Nylund in gesanglicher Bestform, auch der berühmte Tanz der sieben Schleier konnte von ihr bestens zum Publikum kommen, zumal der angekündigte Tod – getanzt von einem Urgestein des Ballets Peter JOLESCH – ihr dabei hilfreich zur Seite stand. Ein tosender Beifall am Ende für eine Ausnahmekünstlerin.
Als Jochanaan erlebte man einen gut disponierten Wolfgang KOCH, der kaum erkennbar kostümiert (Bühne und Kostüme von Malgorzata SZCZESNIAK – Salome in leuchtendem rot) seiner Zisterne entstieg. Gerhard SIEGEL als Herodes – hier als Rabbi – konnte sich in guter Abendform präsentieren, ebenfalls Michaela SCHUSTER in dem kleineren Part als Herodias. Wiederum stand eine sehr gute Tenorstimme als Narraboth auf der Bühne, nämlich Evan LeRoy JOHNSON, der eine Bereicherung für Tenorpartien an der Bayerischen Staatsoper ist, und der mir fast ein wenig leid tat, daß er über eine Stunde als Toter auf der Bühne liegen mußte.
Der Page der Herodias war mit Christina BOCK gut besetzt. Die fünf Juden und die beiden Nazarener waren teils mit Ensemblemitgliedern der Bayerischen Staatsoper für ihre Partien gut und ausreichend eingesetzt. Man vernahm die Stimmen von Ya-Chung HUANG, Brenton RYAN, Dean POWER, Kevin CONNERS, Daniel NOYOLA, Tilmann RÖNNEBECK und Jonas HACKER; die Soldaten mit Martin SNELL und Bálint SZABO sowie der Cappadocier mit Gabriel ROLLINSON und die Rolle der Sklavin Elmira KARAKHANOVA, ebenso die Gattin des Cappadocier Sophie Julia SCHÜTZINGER fügten sich gut ein.
Die gute Choreographie von Claude BARDOUIL für die Tanzszenen war bestens ausgewählt.
Diese „Salome“ war musikalisch durch die Interpretin der Titelpartie äußerst eindrucksvoll, und man wird sie in die Reihen der musikalischen Höhepunkte dieser Operfestspiele 2023 einordnen müssen. I.St.