Diese unvergeßliche Inszenierung von LORIOT ist immer ein Gewinn für das Staatstheater am Gärtnerplatz. Sie zwingt das Theater geradezu, diese immer wieder seinem Publikum zu zeigen, nachdem ja auch romantisch-komische Opern sehr selten auf den Opernbühnen gespielt werden. Unvergeßlich sind die Ohrenwürmer, wie das Lied von der letzten Rose und „Ach so fromm und so traut“, und wie sie alle diesem so melodiös und volkstümlich zu Herzen gehenden Werk Friedrich von Flotows entnommen werden können. Friedrich von Flotow gehört zu den großen Komponisten der musikalischen Romantik (Uraufführung des Werks war 1847 am Kärntertortheater in Wien), aber außer diesem Werk hatte von Flotow keinen Erfolgsrenner.
Loriots Inszenierung ist einfach unschlagbar, sie enthält unvergeßliche Regie-Ideen, wie beispielweise schon das Tristan-Motiv in den 1. Akt einzufügen bei Auftritt des Beschützers Lord Tristan, Richard Wagner auf die Bühne zu bringen als sächsischen Tondichter im Waldlokal (stille Studie von Willi BRUMMER), sowie Reiterinnen mit angefügten Pferden auftreten zu lassen (was beim Publikum immer wieder großen Anklang findet) und über allem – gerade zum Schluß im Großbild ersichtlich – hält Königin Viktoria ihre schützende Hand, denn das Stück spielt ja bekanntermaßen in Old England zur viktorianischen Zeit, wobei auch anzumerken ist, daß gerade auch die von Loriot selbst entworfenen Kostüme und Bühnenbild uns absolut in dieses Zeitalter entführen können.
Das Staatstheater am Gärtnerplatz hat überhaupt die Möglichkeit, generell gesangliche Bestbesetzungen aus seinem Ensemble dem Publikum zu bieten. So glänzte in der Titelpartie wieder Jennifer O‘LOUGHLIN mit den ihr eigenen ausgefeilten Koloraturen, als Freundin Nancy sang diese Partie zum ersten Mal Anna-Katharina TONAUER mit einem bestgeschulten Mezzo, besonders auffällig ist ihre besterarbeitete Tiefe, die gerade zusammen in den Duetten mit Jennifer O‘Loughlin eine stimmliche Bestharmonie hervorrufen konnte. Der schon erwähnte Lord Tristan wurde in einer gesanglich ausreichenden und vor allem darstellerischen Studie von Martin HAUSBERG interpretiert. Die Tenorpartie des Lyonel konnte in abendlicher Bestform gerade bei „Ach so fromm“ von Lucian KRASZNEC mit sehr guter Tenorhöhe dargestellt werden, Freund Plumkett in der Darbietung von Christoph SEIDL mit hellen Basstönen machte seine Sache zum ersten Mal singend ganz gut.
Der Gesindemarkt von Richmond war mit sehr gut ausgewählten Ensemblemitgliedern und Chorsängern besetzt, hier sind besonders die drei Mägde zu erwähnen, die sich stimmlich sehr gut präsentieren konnten wie Ute WALTHER, Anna BROMAEUS und Iris BAUMHOFF. Auch die stummen Rollen wie eine Familie, Kellner und Pächter waren gut ausgewählt. Oleg PLASJNIKOV führte das ORCHESTER DES STAATSTHEATERS AM GÄRTNERPLATZ partiturgerecht durch den Abend. „God save the Queen“., die über allen ihre schützende Hand hält, auch über die beiden Ehepaare. Lyonel strickt die englische Fahne, Martha alias Lady Harriet vergnügt sich weiter mit Nancy, und deren Ehemann Plumkett scheint sich um all dies nicht zu kümmern, er liest ja die Zeitung. Loriots wundervolle Idee, so das adelige Eheleben der damaligen Zeit auf die Bühne zu bringen. Ein immerwährendes Vergnügen am Staatstheater am Gärtnerplatz. I.St.