„Le nozze di Figaro“ – 9. November 2023

Mozarts opera buffa mit dem Libretto von Lorenzo Da Ponte fand sozusagen als Pendant zur kürzlichen Aufführung im Staatstheater am Gärtnerplatz auch an der Bayerischen Staatsoper ihren Platz. Der Regisseur Evgeny TITOV ließ dieses musikalisch einmalige Werk des Komponisten in einem renovierungsbedürftigen Schloß des Grafen Almaviva spielen, was in den ersten Szenen sichtbar zum Publikum kam.

Da neuerdings alte Gutshäuser und Schlösser aufgekauft und von den Käufern selbst renoviert werden, nahm wohl der Regisseur dies zum Anlaß, so etwas Unfertiges in den ersten Szenen auf die Bühne zu stellen, erst in den kommenden Szenen in den Wohnräumen des Grafen und der späteren Gartenszene ließ er das romantische Auge des Publikums aufleuchten. So herrschte auch in den Räumen der Gräfin ein sogenanntes Handwerkerchaos, was leere Farbkübel etc. bewiesen. Auch Basilio – sehr gut gesungen von Thomas EBENSTEIN – hielt Putzkübel nebst Zubehör in den Händen. Da das Stück in der Jetztzeit spielt, immerhin ist das Libretto von Da Ponte nach dem Schauspiel von Beaumarchais anläßlich der Mißverhältnisse vor der französischen Revolution gefertigt, fragt man sich doch, ob diese Gedanken des Regisseurs zu Mozarts wundervoller Musik mit dem Text des Librettisten paßt.

Die Bühne und auch die Kostüme von Annemarie WOODS wurden nach den Gedanken des Regisseurs gefertigt. Man hatte den Eindruck, daß der Regisseur die ganze Oper mehr auf die sexistischen Bedürfnisse des Grafen legte, was ein Representationstuhl, gleich zu sehen im 1. Akt bewies, mehr ein frauenärztlicher Untersuchungsstuhl, er war beweglich und ließ bei Öffnung desselben Penisse zeigen, und auf diesem mußte Figaro seine Auftrittsarie singen. Auch das Kostüm der Gräfin zeigte deren Bereitschaft zum ehelichen Leben, in dem sie unter ihrem Mantel ein solches der Nacktheit zeigen mußte. Hat das alles mit den Gedanken von Da Ponte – Beaumarchais zu tun? Den Opernbesuchern, die das Stück nicht kennen, mag so etwas genügen.

Was nun die musikalische Seite der Aufführung betrifft, waren alle Protagonisten in sehr guter Abendform, leider fand das Dirigat von Stefano MONTANARI nicht den Anklang beim Publikum, er mußte sogar einige Buhs zum Schluß hinnehmen. Schon die Ouvertüre war im Eiltempo wiedergegeben, auch fand der Einsatz bei der Arie der Gräfin „Dove sono“ mit einer viel zu langen Pause statt, so daß sich Nichtkenner der Arie aus dem Publikum schon inmitten zum Beifall hinreissen ließen. Hier sei die großartige Leistung von Elsa DREISIG als Gräfin zu würdigen, astrein mit einer ungewöhnlich technisch hervorragend gebildeten Stimme kam ihre Leistung während des ganzen Abends zum Puiblikum. Der Conte Almaviva war mit Huw Montague RENDALL im wenig gräflichen Outfit sehr gut besetzt, ebenso konnte Louise ADLER eine sehr gute Susanna auf die Bühne bringen.

Der baritonale Jungstar derzeit auf der Opernbühne Konstantin KRIMMEL als Figaro konnte eine sehr gute Abendleistung erbringen, seine Ausdrucksstärke vom Lied kommend kam hier besonders gut zum Publikum. Cherubino im neuzeitlichen Soldatenkostüm mit geschorenen Haaren lag in den sehr guten Darstellungs- und Gesangshänden von Avery AMEREAU. Als Marcellina war seit langer Zeit wieder Dorothea RÖSCHMANN auf der Bühne, ein routiniertes Bühnentier mit noch grandioser Stimme und Darstellungsvermögen.

Willard WHITE brachte einen sehr guten Bartolo auf die Bühne, während es auch immer eine Freude ist, Kevin CONNERS mit seinen großartigen Interpretationen auch in kleinen Rollen zu hören, diesesmal als stottender Don Curzio. Sehr gut auch Martin SNELL als Antonio, der Gärtner. Die Mädchen Seanwoo LEE und Xenia PUSKARZ THOMAS fügten sich gut ein, zudem die Choreinstudierung von Christoph HEIL. I.St.