„Der Barbier von Sevilla“ – 8. Juli 2021

Diese opera buffa des großen Meisters der Belcanto-Oper Gioacchino Rossini spielt in dieser Inszenierung von Josef E. KÖPPLINGER in einem werdenden zweifelhaften Etablissement in Sevilla, das von der Haushälterin Berta offenbar vom Hausherrn Don Bartolo erworben wurde, und in dem sie dann als sogenannte Liebesvermittlerin residieren wird, tagsüber arbeitet sie brav als Dienerin des Hauses. Das Bühnenbild entsprach ganz einem Freudenhaus (hier noch renovierungsbedürftig), die Farben ganz in kitschigen Tönen gehalten und viel zu laut (Bühne Johannes LEIACKER), während die Kostüme sich den sechziger Jahren anpaßten (Alfred MAYERHOFER), und auch sonst enthält diese Inszenierung viele amüsante Regie-Ideen wie den Figaro in einer damals heiß begehrten Verspa sein berühmtes Auftrittslied singen zu lassen. Hier ertönte die Stimme von Matija MEIC, der sich in dieser Rolle bestens disponiert äußerst wohl zu fühlen scheint, sie scheint ihm auf den Leib geschrieben zu sein.

Auch die Idee, den verarmten Pseudopriester Don Basilio im Fahrrad zum Dienst antreten zu lassen, kann man als äußerst sinnvoll belustigend bezeichnen. In dieser Rolle, gerade in seiner großen Arie „La calunnia“ konnte sich Timos SIRLANTZIS bestens dem Publikum präsentieren. Als der genasführte Don Bartolo schoß vor allem in seiner großen Arie „Un dottor della mia sorte“ – der sogenannten Schnellsprecherarie für Bassisten- Levente PÁLL den abendlichen Vogel ab. während sich Gyula RAB als Graf Almaviva in tenoraler Rossini-Höhe und auch darstellerisch bestens in die großartige Sängerriege einfügen konnte.

An diesem Abend war die Rolle der Rosina mit einer Koloratursopranistin besetzt, nämlich mit Jennifer O‘LOUGHLIN, die in ihrer großen Auftrittsarie wieder einmal ihr ganzes höhensicheres Können zeigen konnte. Was man aus einer kleineren Rolle gestaltungsmäßig herausholen kann, bewies Daniel GUTMANN als Fiorillo, er untermalte mit seiner eigenen Gitarre das Ständchen der engagierten Musiker und konnte dadurch die erste Szene des Stücks färben. Die zukünftige Freudenhaus-Chefin Berta wurde von Anna AGATHANOS bestens dargestellt, besonders gelang ihr die einzige Arie der Berta stimmlich sehr gut. Dieter FERNENGEL als stummer Diener Ambrogio gelang eine sehr gute Studie, während sich Bavo ORROI als Offizier ebenfalls gut in das großartige Abendensemble einfügen konnte.

Herrn Köpplingers ausgezeichnete Regiearbeit machte sich vor allen Dingen am Schluß des ersten Teils bemerkbar, den kaum entwirrbaren Durcheinander von Stimmen und Darstellern (hier und überhaupt zeichnete sich der HERRENCHOR DES STAATSTHEATER AM GÄRTNERPLATZ mit der STATISTERIE in der Choreinstudierung von Pietro NUMICO aus) zu lösen und trotzdem eine hohe musikalische Darbietung zu erzeugen.

Der Dirigent des Abends war Michael BRANDSTÄTTER, der schon bei der Ouvertüre eine gute Belcanto-Atmosphäre mit dem ORCHESTER DES STAATSTHEATERS AM GÄRTNERPLATZ zu erzeugen und die Sänger bestens durch den Abend zu führen vermochte.

Da man weiß, daß der große Maestro immer wieder aus zeit- oder sonstigen Gründen seine Kompositionen in andere eigene hineininterpretierte – so ließ er die Ouvertüre hier vorweg in seiner Oper „Aureliano in Palmira“ erklingen – weiß man aber nicht genau, wie wohl sich der Komponist an diesem Abend gefühlt hätte. Er war ja bekanntermaßen ein sehr lebensfroher Mensch und gönnte sich viele Gaumenfreuden, vielleicht wäre diese abendliche Aufführung in seinem Sinne gewesen. Auf alle Fälle amüsierte man sich an diesem Abend köstlich und kam als Rossini-Liebhaber voll auf seine Kosten. Eine Anmerkung: Diese Produktion war in Kooperation mit dem Gran Teatre del Liceu Barcelona und dem Teatro du Capitole Toulouse auf der Bühne, und man hörte die reduzierte Orchesterfassung von Alberto Colella. I.St.