„Norma“- 7. Juni 2024

Welch einen musikalischen Genuß an reinem Belcanto bot an diesem Abend die Bayerische Staatsoper seinem Publikum, das mit Szenenbeifall den Künstlern dankte.

Schon allein die Inszenierung von Jürgen ROSE (es handelt sich hier um eine Wiederaufnahme aus 2006) bot dem Publikum anschaulich und doch in nüchterner Ausstattung des Bühnenbildes (beste Zeichnung des Versammlungsplatzes der Druiden) samt Kostümen der auftretenden Sänger einen Einblick in die kommende Handlung, auf die eigentlich nicht näher einzugehen ist.

Jürgen Rose ist ein Garant für beste Inszenierungen an der Bayerischen Staatsoper, zumal er ja auch das Bühnenbild und die Kostüme entworfen hat. Allerdings waren hier doch einige Kleinigkeiten befremdlich, wie beispielsweise hatte man die römischen Soldaten mit Gewehren ausgestattet, wohl um den Unterschied zwischen Galliern und Römern zu zeigen, auch waren die römischen Soldaten Pollione und Flavio in modernen Uniformen zu sehen. Die versammelten Druiden waren handlungsgerecht gekleidet. Man fühlte sich generell aber bei Jürgen Rose sehr wohl und konnte sich ganz auf die Komposition des reinen Belcanto und die Stimmen der Sänger konzentrieren, die hervorragend ausgewählt waren.

Als Pollione, einer sehr schweren Tenorpartie, war nach langer Krankheit Joseph CALLEJA auf der Bühne, in der Gestaltung seiner Partie eines zweifach Liebenden passend und in tenoraler Bestleistung, aber doch hatte man den Eindruck, daß der Glanz seiner Stimme krankheitsbedingt gelitten hat. In der Reihenfolge des Programmheftes stand als Freund Polliones Flavio Granit MUSLIU auf der Bühne, aus dem Ensemble der Bayerischen Staatsoper kommend, der immer wieder seine nicht immer großen Partien mit Bravour zum Publikum bringt.

Roberto TAGLIAVINI in der Vater- und Priesterpartie des Oroveso war eine Bestbesetzung, während an diesem Abend in der Titelrolle und in der Partie der Adalgisa zwei bestausgewählte Künstlerinnen für ihre Partien auf der Bühne waren nämlich Sonya YONCHEVA und Tara ERRAUGHT, deren Stimmen einen reinen Belcanto in ihren Duetten darboten, sich bestens dadurch dem Publikum präsentieren konnten, der immer wieder eintretende Szenenapplaus lohnte ihnen ihre grandiose Stimmharmonie, auch darstellerisch konnten sie sich beide bestens präsentieren, vor allen Dingen war Sonya Yoncheva als Norma eine Idealbesetzung, „Casta Diva“ kam vollendet gesungen zum Publikum.

Für die kleine Rolle der Clotilde hatte man Karolina BENGTSON sehr gut ausgewählt, die an diesem Abend an der Bayerischen Staatsoper debütierte und der man hier größere Rollen anvertrauen möge. Als die Kinder der Norma und des Pollione sah man Levi SCHUDEL und Valentin FRICKE, sehr beeindruckend in ihren stummen Rollen und spielbegabt.

Durch den Abend führte das BAYERISCHE STAATSORCHESTER unter der Leitung von Gianluca CAPUANO, der schon schwungvoll die Ouvertüre dirigierte, und das Orchester und die Sänger zu diesem besten Belcanto-Abend bringen konnte. Franz OBERMAIR übernahm die CHOReinstudierung, die sich nicht besser in das Musikgeschehen einfügen konnte. Ein unvergeßlicher Abend des Belcanto an der Bayerischen Staatsoper.

Was hätte der Komponist Vincenzo Bellini, der nur 34 Jahre alt wurde, noch für vollendete Balcanto-Werke der Nachwelt hinterlassen können, wenn ihn nicht sein früher Tod daran gehindert hätte. Denn diese seine unvergleichliche Komposition, deren Uraufführung am 26. Dezember 1831 am Teatro alla Scala in Milano war, und dessen Libretto von Felice Romani bestens die Musik Bellinis untermalte, wird immer in die Herzen der Opernfreunde eindringen, wenn sie vor allem so interpretiert wird, wie an diesem Abend in der Bayerischen Staatsoper..
I.St.