„Semiramide“ – 6. Juni 2018

Diese opera-seria, die Rossini für seine Gattin Isabella Colbran, also eine Sopranistin schrieb, fand in der Inszenierung von David ALDEN eine Wiederaufnahme an der Bayerischen Staatsoper und war auch an diesem Abend in der Titelpartie mit einer Sopranistin besetzt, nämlich mit Albina SHAGIMURATOVA, an deren kräftige Sopranstimme man sich erst gewöhnen mußte, nachdem die Erstbesetzung der Titelpartie mit Joyce DiDonato, einer hochgelagerten Mezzo-Stimme, erfolgt war. Frau Shagimuratova zeigte sich anfänglich nicht gut eingesungen, konnte sich aber infolge ungeheuer steigern und brachte dadurch eine rollengerechte Interpretation dieser anspruchsvollen Titelrolle auf die Bühne.

Überhaupt stellten sich an diesem Abend neue Stimmen dem Publikum vor, so Michele ANGELINI als Idreno, dessen gut geschulter Tenor sich bestens für Rossini-Tenorpartien präsentieren konnte, koloraturenreich und höhensicher im Vortrag. Azema, die begehrenswerte, leider hier kahlköfige Prinzessin Babylons, die man noch dazu in ein schlauchartiges Kostüm zwängte, das sie unbeweglich machte (Kostüme Buki SHIFF, der die Kostüme teilweise in die Jetztzeit kreierte), war mit Jacquelyn STUCKER stimmlich sehr gut besetzt. Die weiteren Interpreten wie Bálint SZABO als Oroe, Galeano SALAS als Mitrane und Oleg DAVYDOV als L’ombra di Nino – letzterer erinnerte sehr an Donald Trump – konnten von der Ersbesetzung übernommen werden und zeigten die gewohnte gute stimmliche Leistung.

Besonders zu erwähnen aber ist Alex ESPOSITO als der mord- und machtgierige Liebhaber der Semiramis Assur, der immer wieder zeigt, daß er zu den Rossini-Interpreten der Weltspitze gehört, perfekt und sicher und ausgefeilt erklingen die Koloraturen, dazu zeigt Herr Esposito immer wieder ein sehr gutes Darstellungsvermögen in seinen Rolleninterpretationen. In der Hosenrolle des Arsace, dem todgeglaubten Sohn der Semiramis, der am Schluß anstelle von Assur seine wiedergefundene Mutter tötet und den Königsthron einnimmt, war wieder einmal Daniela BARCELLONA mit ihrem kräftigen Mezzo mit ausgeprägter Tiefe, ausgefeilter Rossini-Interpretation auch in der Darstellung ein Gewinn und man wünscht sich, diese Künstlerin desöfteren auf der Bühne der Bayerischen Staatsoper zu hören und zu sehen.

Das BAYERISCHE STAATSORCHESTER wurde von einem erfahrenen Dirigenten gerade für italienische Oper geleitet, nämlich Antonello ALLEMANDI, der Orchester nebst Interpreten bestens durch den Abend führte. CHOR (Best-Einstudierung Stellario FAGONE), STATISTERIE, OPERNBALLETT (sehr gute Choreographie von Beate VOLLACK) und KINDERSTATISTERIE DER BAYERISCHEN STAATSOPER fügten sich bestens in die Inszenierung von David Alden, über deren Logik man bei diesem antiken Handlungsstoff streiten kann, ein.

Eine sehr gute Rossini-Interpretation an der Bayerischen Staatsoper, einer Koproduktion mit dem Royal Opera House Covent Garden, London. I.St.