„Le Postillon de Lonjumeau“ – 5. Januar 2024

„Freunde, vernehmet die Geschichte von einem jungen Postillon“ die in reizender packender Weise in Erl in einer hervorragenden Regie und mit ausgezeichneten Sängern erzählt wurde.

Der leider von den Opernbühnen der Welt sehr vernachlässigte Komponist der Oper Adolphe Adam, der im vorigen Jahrhundert mit seinen Kompositionen wie das Ballett „Giselle“ beispielsweise Triumphe feierte, kam hier in Erl endlich wieder zu Ruhm und Ehren, seine Musik erlebte hier eine sehr gut interpretierte Auferstehung unter dem einfühlsamen Dirigat von Beomseok YI, der das ORCHESTER DER TIROLER FESTSPIELE ERL fest im Griff hatte.

Die Geschichte eines Postillons in Frankreich ist schnell erzählt, dieser nämlich feierte mit einer Schankwirtin Hochzeit und sang auf Wunsch der Hochzeitsgäste sein berühmtes Postillon-Lied, das ein höfischer Gesandter hörte, der auf Stimmenentdeckung für den französischen Hof unterwegs war, und den kaum Vermählten sofort nach Paris entführte, wo er dann unter einem Künstlernamen Saint-Phar Triumphe feierte, während er seine frischvermählte Gattin zurückließ, die aber als Madame de Latour, Titel ererbt, selbst am den französischen Hof Einkehr hielt, in die sich der „Postillon“ natürlich verliebte und die er dann auch heiratete, wobei er als Bigamist wegen Doppelehe nur deshalb dem Strang entging, weil sich Mad.de Latour als seine längst Angetraute entpuppte, und für eine 2. Eheschließung käme ja eine Verurteilung nicht in Frage.

Man sang und sprach im übrigen in französischer Sprache mit deutscher Übertitelung. Bühnenbild und Kostüme von Kaspar GLARNER waren völlig auf die damalige Zeit unter König Louis XV ausgerichtet, man erlebte reines Barocktheater, wie es wohl damals gewesen sein mag, sogar eine Windmaschine zur Erzeugung von Theaterwind war auf der Bühne zu sehen, wobei eben auch die Bühnenkostüme sich voll in dieser Zeit befanden. Deshalb konnte sich auch der Regisseur des Stücks Hans Walter RICHTER ganz der historischen Handlung und Führung der Figuren anpassen, und diese Aufführung unvergeßlich machen.
Von den Sängern ist natürlich Pietro ADAINI in der Titelrolle zu erwähnen, der die nötige tenorale Höhe für die berühmte Arie des Postillon hatte, und diese Figur deshalb sehr gut auf die Bühne brachte, und dazu kann man von einer stimmlichen Sopran-Koloraturentdeckung sprechen, nämlich von Monika BUCZKOWSKA, die die Rolle der Madeleine/Madame de Latour in stimmlicher Präzision und bester Technik für Koloraturen interpretierte.

Die restlichen Rollen der Oper waren mit Joel ALLISON in der Doppelrolle als Schmied und ebenfalls an den königlichen Hof engagierter Chorsänger sowie Dennis CHMELENSKY als Marquis de Corcy und mit Nicolas LEGOUX als Bourdon sehr gut besetzt, während Gabriel WANKA als Zofe Rose eine sehr gute Studie zusammen mit Wolfgang GEROLD als Louis XV. gab.

Choreographie und Choreinstudierung lag in den besten Händen von Gabriel WANKA und Olga YANUM. Während des ganzen Abend befand man sich in einer anderen Zeit und vergaß unverständliche Inszenierungen anderer Häuser, so sollte es sein, um sich wieder ganz in ein Handlungsgeschehen der Vergangenheit hineinzuversetzen, und beglückt nach diesem herrlichen Tag in Erl fuhr man nach München zurück, da der Besuch in Erl eine Opernreise des Opernclubs München war, der vor der Vorstellung auch noch bei einem Empfang den Intendanten Bernd Loebe persönlich kennenlernen durfte, dies war eine besondere Freude.

Und im Nachgang für alle Leser.: Der Postillon reist mit ihm in 2024/25 in eine neue Heimat, nämlich die Oper Frankfurt. Ein unvergeßliches Erlebnis für lange Zeit. ISt