„Bussi – ein Munical“ – 4. Juli 2015 (Uraufführung)

Staatstheater am Gärtnerplatz (Reithalle)

Was bedeutet der Untertitel Munical? Vermutlich bezeichnete Thomas Hermanns seine Musical-Idee deshalb so, weil sie die verrückten achtziger Jahre in München in der sogenannten Halbwelt beschreibt („Those Crazy Munich Eighties“), in welcher die damaligen Ausßenseiter der Gesellschaft wie Homosexuelle, Drogensüchtige, Halbweltdamen der Schickeria und andere schräge Typen in der Bussi-Bar ihre nächtliche Heimat fanden. Mit der „Bussi-Bar“ war wohl das damals allbekannte Café Größenwahn gemeint, ein Begriff in München.

Dazu erzählt das Stück eine Liebesgeschichte zwischen der Barfrau des „Bussi“ Stella (eine gute Rolleninterpretation von Sabrina WECKERLIN) und dem in dieser Welt heimisch gewordenen aus Augsburg zugezogenen Ritchie (Benjamin SOMMERFELD in einer guten Darstellung eines Musical-Liebhabers). Ein Happy-End gab es dann am Münchener Viktualienmarkt, wo sich die Nachtschwärmer und Münchener Bürger für ein friedliches Nebeneinander verbanden. Über dem Handlungsgeschehen thronte Bavaria Toleranta, die Göttin der bayerischen Toleranz, die von Marianne SÄGEBRECHT gestaltet wurde. Marianne Sägebrecht hat sich in diesen achtziger Jahren schon um diese Außenseiter der Gesellschaft angenommen und war schon aus diesem Grund prädistiniert für die kurze Schlußrolle, die sie aber darstellerisch wie stets zum Höhepunkt des Abends werden ließ. Ihr sehnlichster Wunsch, abgedruckt im vor allem für Nichtortskundige im informativen Programmheft, war wohl damals wie heute, Kain und Abel würden einen Nichtangriffspakt schließen und alle Menschen wären Brüder.

Regie führte Thomas HERMANNS selbst und es war eine gute Entscheidung, die Uraufführung seines Werks in der Reithalle in München inszeniert zu wissen. Thomas Hermanns fand für die einzelnen Szenen hier gut Platz für seine Regie-Ideen und band dadurch das Publikum – Bestuhlung rund um das Handlungsgeschehen, Nutzung der oberen Teile der Halle (Bühne Miriam BUSCH) – mit ein. Die zur Nutzung der Halle passende sehr gute Choreographie für die Darsteller stammt von Alexandra MARTENS und die Kostüme – passend zur Schräge der Achtziger, bunt und ausgefallen – waren von Andreas JANCZYK passend entworfen.

Musikalisch band Thomas Herrmanns die größten Hits der damaligen Neuen Deutschen Welle ein, die musikalische Leitung oblag einem Könner auch für ein Musical, nämlich Andreas KOWALEWITZ, den man auch am Keyboard wiederfand.

Zu den bereits erwähnten Darstellern, die vorwiegend Musical-Interpreten sind, sei die Leistung von Leon VAN LEEUVENBERG als Szene-Reporter Wolf Wahn positiv erwähnt, besonders aber Enrico DE PIERI, dessen sehr gute darstellerische Leistung als schwules Faktotum Heli der Bar beim Publikum gut ankam. Der Türsteher Schorsch, der schon am Einlaß das Publikum am Betreten der Halle hinderte, kann von Matthias KOSTYA als gute Studie betrachtet werden. Barbie, gut interpretiert von Sandra STEFFL (damals kamen ja die Barbie-Puppen auf und veranlaßten wohl den Regisseur, diese Figur so zu benennen, Barbies waren ja auch schon am Einlaß zu besichtigen) war rollengerecht besetzt, in anderen verschiedenen Rollen sah und hörte man Julia EDTMEIER, Veronika ENDERS und Sabrina REISCHL. Die weiteren Darsteller Nazide AYLIN, Florian EBER, David EISINGER, Jonas David SAUER und Nico SCHWEERS fügten sich als Ensemble gut ein, ebenso der CHOR (Einstudierung Felix MEYBIER) und die STATISTERIE des Staatstheaters am Gärtnerplatz. Man muß sich wundern, was sich da so alles auf dieser kleinen ebenerdigen Reithallen-Bühne tummelte.

Für das Publikum allerdings wäre es wichtig, Münchner zu sein, und die Örtlichkeiten zu kennen, in der sich das Milieu dieser schrägen achtziger Jahre bewegt. Nostalgie hoch pur. Ob sich „Bussi“ allerdings auf auswärtigen Bühnen wiederfinden kann, bleibt offen.
I.St.