„Mignon“ – 3. September 2020

Diese opera comique fand endlich im Team des Opernstudios der Bayerischen Staatsoper sein kurzfristiges zu Hause und gab den dort tätigen Sängern die Möglichkeit, ihr großes Können zu beweisen. Eine solche Oper szenisch in diesen schrecklichen Corona-Zeiten auf die Bühne zu bringen, gelang hier in gut durchdachter Weise der Regisseurin Christiane LUTZ, die die Handlung wie heute üblich in die Jetztzeit verlegte, und das Stück in der Urfassung reduziert mit dem Tod der Mignon enden ließ; wobei Ambroise Thomas einstmals damit bei der Uraufführung 1866 wenig Erfolg hatte, deshalb ließ er damals seine Librettisten Michel Carré und Jules Barbier ein glückliches Ende der Oper verfassen, was vermutlich zum Untertitel opera comique führte.

Bühnenbild (Christian Andre TABAKOFF) und Kostüme (Natascha MARAVAL) waren deshalb der Inszenierung voll angepaßt, man sah das handlungsgemäße Feuer auf der Bühne, brachte während der Ouvertüre ein stummes Vorspiel mit Rettung der Mignon auf die Bühne, ließ das Stück in einem Schauspielermilieu mit Straßenmusikern beginnen, und Mignon in einem modernen Krankenbett im letzten Akt ihr Wiedererkennen des Vaters und ihren Tod finden. Im Übrigen hielt man sich doch nach dem Libretto, das frei nach Johann von Goethes Roman „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ von 1795 verfaßt wurde.

Musikalisch zeigt das Werk in jeder Hinsicht die musikalischen Gedanken der Romantik auf, voller Lieblichkeit und Einfühlsamkeit in die erzählte Geschichte des verlorenen gegangenen Mädchens erklangen schon bei der Ouvertüre die Töne , die Pierre DUMOUSSAUD mit dem reduzierten BAYERISCHEN STAATSORCHESTER bestens erklingen lassen konnte, und der dazu die jungen Sänger bestens durch den Abend führen konnte.

Bekannt aus diesem Werk sind nur zwei Arien geblieben, die Sehnsuchtsarie der Mignon „Kennst Du das Land, wo die Zitronen blühen“ und die Bravourarie für jede Koloratursopranistin „Titania ist herabgestiegen“, die von den Interpretinnen des Abend auch perfekt und mühelos gesungen wurden, die da waren Sarah GILFORD als Mignon mit ausgezeichnetem Stimmvermögen gerade für diese Partie, und Juliana ZARA als Gegenpol der Philine, die diese leichtfertige Schauspielerin sehr gut interpretierte und sich stimmlich gerade für die Titania-Arie enorm mit ausgeprägter Koloraturhöhe steigern konnte.

Der reiche Student zwischen zwei Frauen Wilhelm Meister wurde in sehr guter tenoraler Abendform von Caspar SINGH verkörpert. Sehr gut gefiel Ogulcan YILMAZ als ewig sein verlorenes Kind suchender Vater, eine Baritonstimme, die man beim Opernstudio vermissen wird.

Besonders eindrucksvoll war die Interpretation von Daria PROSZEK als in Philine verliebter Jüngling Frédéric, deren gut geschulter Mezzo wohl auch in anderen Partien zum Einsatz kommen sollte. In den beiden Rollen des Jarno und Antonio glänzte Christian VALLE, während George VIRBAN als Laerte eine sehr gute perfekt singende Studie abgab. Es waren auch zwei stumme Rollen zu sehen nämlich die junge Mignon von Anna STIGLMEIER und Nina LAUBENTHAL als Mignons Mutter, die sich bestens einfügen konnten.

Für die Choreinlagen sorgte wieder bestens Stellario FAGONE. Gesungen wurde übrigens in der Originalsprache mit deutschen Übertiteln.

Alles in allem war man wieder einmal glücklich, in diesen Zeiten wenigstens im Cuvilliés-Theater eine solch gute Aufführung zu erleben, denn gerade jetzt eine so selten gespielte Oper dem Publikum zu präsentieren, bedeutet Mut und Wagnis, aber das Haus war mit allen Corona-Einschränkungen bestens mit Publikum bestückt. I.St.