„Rigoletto“ – 3. Oktober 2018

Das Herzogtum Mantua ist auf der Bühne des Mannheimer Nationaltheaters ein düsterer Ort. Zum Glück sah es, was die Besetzung angeht, bedeutend weniger traurig aus.

Der Rigoletto des Abends hinterließ allerdings einen etwas zwiespältigen Eindruck. Im ersten und letzten Bild gefiel mir Jorge LAGUNES weniger als während des Rests des Abends. Im Duett mit Gilda oder auch sein „Cortigiani“ klang seine Stimme angenehm warm und kraftvoll. Hier geriet auch die Rollengestaltung glaubhaft, bis hin zum Ausbruch in „Si, vendetta“.

Nikola HILLEBRAND gab Gilda eine Entwicklung der Persönlichkeit, die sich nicht nur im Spiel, sondern auch in der Stimme niederschlug. Am Anfang ganz das unschuldige, wenn auch nicht immer folgsame Mädchen, wandelt sie sich nach dem Übergriff des Duca in eine tiefverletzte junge Frau, die am Ende sich wider besseres Wissen aus Liebe opfert. All das klang eben auch musikalisch so echt, so plastisch, daß man dem gern folgt.

Der Duca als Auslöser der Katastrophe wurde von Juraj HOLLÝ mit viel Dynamik und tenoralem Strahlen gesungen. Hier hörte man deutlich, was in anderen Rollen bereits anklang, diese Stimme, die wie aus einer anderen Zeit klingt, makellos in Phrasierung und voller klug eingesetzter Kraft. Die Sorglosigkeit und der Übermut der Rolle liegen ihm augenscheinlich, ohne daß er all dies übertreibt. Und statt daß er sich auf der Popularität von „La donna e mobile“ ausruhte, hörte man ihn auch diesen Hit klug gestaltet und schön phrasiert singen.

Ausgesprochen beeindruckend waren auch die tiefen Stimmen besetzt. Von Bartosz URBANOWICZ‘ Monterone hätte man z.B. gern noch den zweiten Teil der Partie gehört, aber die Regie ließ die Figur bereits am Anfang meucheln und Rigoletto, sozusagen als von Monterone besessen, die entsprechenden Worte übernehmen. Wirklich schade.

Patrick ZIELKE als Sparafucile beeindruckte mit seinem sehr agilen, slawisch geschult klingenden Baß, der Verschlagenheit einen schönstimmigen Mantel gebend, sogar noch mehr, da die Rolle ebensogut gespielt wie gesungen war. Die Maddalena von Julia FAYLENBOGEN paßte hierzu von Stimmfarbe und Dynamik hervorragend.

Natalia MAIOROVA war als Giovanna sehr präsent. Ilya LAPICH (Marullo) und Ciprian MARELE (Ceprano) führten den Hofstaat engagiert singend und spielfreudig. Das Mannheimer Opernstudio war mit Koral GÜVENER als Borsa und Natalija CANTRAK (Gräfin Ceprano) sehr gut vertreten. Yumi KAWAHARA sang einen schönstimmigen Pagen.

Der HERRENCHOR (Leitung: Dani JURIS)ließ eine einwandfreie Leistung hören.

Benjamin REINERS leitete den Abend solide. Das ORCHESTER klang gut geprobt, ohne daß es die ganz große Verdi-Offenbarung gegeben hätte.

Wieviel von der ursprünglichen Regie nach zwölf Jahren noch übrig ist, weiß man nicht. Alexander SCHULIN scheint Verdis Drama in einer Nachkriegswelt voll Mord, Brutalität und Verderbtheit spielen zu lassen. Nicht nur Monterone findet ein unerfreuliches Ende, Giovanna wird von den Höflingen auf üble Weise und mit viel Splatter gemeuchelt. Für das Stück tut das nichts. Die Bühne (Sandra MEURER) ist bis auf die jeweiligen Spielflächen dunkel. Die Kostüme von Cornelia BRUNN taten nichts für ihre Träger.

Noch eine Anmerkung abseits der Oper. Im Jugendstil-Bau der Mannheimer Kunsthalle gibt es unter dem Titel „(Wieder-)Entdecken – Die Kunsthalle Mannheim 1933 bis 1945 und die Folgen“ eine Dauerausstellung zu den Themen Entartete Kunst, Raubkunst und Provenienz, die mit ihren Werken und Informationen definitiv einen Besuch wert ist. AHS