Beim 6. NDR Klassik Open Air 2019, das 3Sat von 2019 noch einmal am 6. Juni 2020 corona-bedingt sendete, gab es dieses Mal die allgemein bekannten und beliebten Opern der Verismo-Komponisten Ruggiero Leoncavallo und Pietro Mascagni, die jeweiligen längst bekannten Libretti richteten sich nach wahren Begebenheiten. Man begann hier mit dem „Bajazzo“, und setzte die Cavalleria als 2. Oper nach der Pause an. Somit servierte man dem Publikum das Beste zu Anfang.
Die Aufführung, deren Regie leider nicht bekannt wurde – und wenn doch nicht zu identifizieren war wegen allzu schnellem Durchlauf am Fernseher – fand in nahezu konzertanter Form vor dem Neuen Rathaus in Hannover im Maschpark statt, wobei man auch für Kulisse und Szenerie das Publikum miteinbezog. So zogen u. a. die Zirkusleute in einem Kombiwagen ein, der Bariton Claudio SGURA als Tonio, der im übrigen auch in der „Cavalleria Rusticana“ die Rolle des Alfio gab, beide Partien sang er rollengerecht, begrüßte auf die Bühne gehend das anwesende Publikum per Handschlag, und die Mordszene in der Cavalleria fand ebenfalls im Publikum statt.
Bei der „Cavalleria“ waren die Kostüme der Damen allzu festlich, auch die Requisiten dafür sehr ärmlich, sollte es sich hier wirklich mehr um eine konzertante Aufführung handeln? Sängerisch konnte sich Marco BERTI, der beide Tenorpartien sang (er ist wohl als Turiddu eingesprungen) nur als Canio durchsetzen, sein „Ridi, Pagliacci“ war hörbar und auch gestaltungsmäßig gut. Lag es an seiner Technik, denn die Höhe klang in der Auftrittsarie des Turridu sehr gequält, auch war er schon rein äußerlich für diese Partie nicht geeignet.
Eine Sternstunde des Gesangs und der Darstellung der Nedda bot Aleksandra KURZAK, ihre Interpretation des Vogellieds und auch generell die Gestaltung dieser unglücklichen jungen Frau, die mit einem alten Mann verheiratet war, konnte Aleksandra Kurzak nicht besser auf die Bühne bringen. Ihr ganzes Sehnen nach Erfüllung von Freiheit und Erotik war packend.
Als Santuzza konnte sich, wie einst bei den Salzburger Festspielen, Liudmyla MONASTYRSKA präsentieren, allerdings hatte sie damals den richtigen Partner zur Seite. Gesanglich und darstellerisch war sie in dieser Partie wie stets eine Bestbesetzung. Allerdings schien sie aus ihrem Abendkleid herausgewachsen zu sein. Darauf müßte man sehr gerade bei Fernsehaufzeichnungen besonders achten. Man spielte in Kostümen der Jetztzeit, wobei die Herren in Straßenanzügen auftraten. Die beiden Rollen der Mama Lucia und der Lola waren mit sehr guten Stimmen besetzt, so Tichina VAUGHN als Mama Lucia und Veta PILIPENKO als Lola.
Die Dirigentin beider Verismo-Opern war Keri-Lynn WILSON, die eine glückliche Hand für diese beiden Opern bewies. Sie führte mit hoher Einfühlung das ORCHESTER DER NDR RADIO-PHILHARMONIE durch den Abend, unterstützt vom MÄDCHENCHOR HANNOVER, CHORISTEN DES JOHANNES-BRAHMS-CHORS HANNOVER (Einstudierung Gudrun SCHRÖTTL) und MITGLIEDERN DES STAATSOPERNCHORS HANNOVER. I.St.