„Maria Stuarda“ – 22. März 2025

Das ist jetzt die dritte „Maria Stuarda“-Produktion, in der ich seit 2018 gewesen bin, und die dritte die aus unterschiedlichen Gründen ärgerlich ist. War es in Düsseldorf 2018 der absurd-falsche historische Ansatz, und beim Allee-Theater 2024 das bewußte Lächerlichmachen der beiden Königinnen, hatte die neue Produktion an der Staatsoper vor allem ärgerliche Langeweile zu bieten.

Was genau Regisseurin Karin BEIER zu dem Stück beizutragen hat, erschließt sich nicht. Das Bühnenbild ist ein drehbarer Quader bzw. eine erhöhte Fläche (Amber VANDENHOECK) in ermüdendem Grau, die Kostüme sind für den Chor, die Herren, Anna und größtenteils Maria schwarz, für Elisabetta irgendetwas zwischen Kleinmädchenkleid und Bauerntracht (Eva DESSECKER). Beide Königinnen werden nicht nur gedoppelt, sondern verfünffacht, ohne daß dies irgendeine weitere Einsicht in die Persönlichkeiten oder das Stück brächte. Im besten Fall ignoriert man die Doubles, im schlimmsten Fall lenken sie ab. Die gesprochenen Texte von zweien der Doubles zu Beginn und nach der Pause waren auch nicht zwingend notwendig.

Die anderthalb weiteren Einfälle (die Nutzung von Marias Satz: „In meinem Ende liegt mein Beginn“, der auf die Kulisse gemalt wird, und Elisabetta, die sich nach Unterzeichnung des Urteils einen weißen Schminkpanzer zulegt), hat man auch schon in der Düsseldorfer Produktion bzw. dem „Elizabeth“-Film mit Cate Blanchett gesehen.

Man sollte eigentlich denken, daß eine Schauspielregisseurin vielleicht Schwierigkeiten bei der Führung des Chores hat (ja, hatte sie), aber wenigstens die Solisten konsequent und nachvollziehbar führen kann, aber nein. Die Personenregie der Protagonisten war größtenteils schlimmstes Rampensingen. Einzig bei Maria schien es auf die Frage hinauszulaufen, in welcher Position Ermonela JAHO nicht mehr singen kann. Die Antwort ist, daß sie auf dem Rücken liegend noch klingt, aber ihre Stimme verständlicherweise in der Vertikalen von mehreren Höflingen getragen mit herunterhängendem Kopf doch an Qualität verliert.

Während Emonela Jaho vor der Pause durchaus ihre Momente hatte in ihrer ersten Arie oder auch in der Konfrontation mit Elisabetta, wo sie sich auch mal traute, vom reinen Schöngesang abzuweichen, zog sie sich in der Schlußszene zu sehr auf dauerhaftes Leiden zurück. Es wurde doch alles technisch sehr gut gesungen, aber leider auch sehr gleichförmig; ein Mitleiden stellte sich nicht ein.

Barna ISMATULLAEVA fand offenbar – möglicherweise auch regiebedingt – keinen Zugang zu Elisabetta. Sie war jeder Zoll keine Königin, konnte weder in Haltung noch stimmlich die Autorität zeigen, die ihr zum Zeitpunkt der Handlung erlaubt hätten, sich schon ein Jahrzehnt auf dem Thron zu halten. Vor zwei Jahren hatte die Sängerin hier noch eine sehr gute Norma abgeliefert, jetzt wirkte sie neben der Spur, lieferte richtige Töne ab, ohne daß davon auch nur ein Einziger Interesse wecken konnte.

Aebh KELLY machte alles aus der Anna, sie fiel durch schönes Timbre, leuchtende Töne und große Bühnenpräsenz auf, von ihr möchte man gerne in größeren Rollen mehr hören.

Bei den Männern waren es die beiden tiefen Stimme Alexander ROSLAVETS als Talbot und Gezim MYSHKETA als Cecil, die sich positiv hervortaten, beide mit guter Stimmführung, als einzige auch dabei erfolgreich, durch Phrasierungen oder Stimmfarben ihre Figuren zu charakterisieren. Von der Regie waren auch sie schmählich im Stich gelassen worden, nur fiel es bei ihnen weniger auf.

Long LONG als Leicester konnte hier eher weniger mithalten, da fehlte doch einiges an Schmelz, und von den Spitzentönen war der eine oder andere auch nicht unanfechtbar. Was genau diese Figur eigentlich umtreibt (Liebe? Ehrgeiz? Beides?), blieb im Dunkeln.

Genau wie damals in Düsseldorf stand Antonino FOGLIANI am Pult. Hätte ich das nicht nachgelesen, wäre ich nicht darauf gekommen, denn hier gab es immer wieder rhythmische Ungenauigkeiten, der Abend schien auch aus dem Graben nicht wirklich in die Gänge zu kommen. Immerhin war das PHILHARMONISCHE STAATSORCHESTER ohne hörbare Fehler. Der CHOR hingegen klang außergewöhnlich schwachstimmig, zumindest bis zur großen Chorszene im letzten Akt.

Eine weitere verschenkte Gelegenheit für dieses Stück, aus dem man einen extrem spannenden Politikthriller machen könnte, wenn man es denn nur einmal ernst nehmen würde. Schade, daß nunmehr vermutlich für Jahre man mit dieser Produktion leben muß. MK