„Tannhäuser“ – 21. Dezember 2014

Der vollständige Titel des Stücks lautet „Tannhäuser oder der Sängerkrieg auf der Wartburg“; die Vorlagen, die Wagner für sein Libretto benutzte, waren zwei Legenden, nämlich die von Tannhäuser und dem Venusberg einerseits und vom Sängerkrieg auf der Wartburg andererseits. An diesem Abend hätte man gerne mehr von letzterem gehabt.

Harry KUPFERs Inzenierung ist immer noch sehenswert mit ihren kleinen Details, der sorgfältigen Chorführung und ihrer stringenten Aussage.. An diesem Abend allerdings zog sich der Venusberg, dann auch noch in der Pariser Fassung, doch fürcherlich, was nicht an der Inszenierung, sondern an drei anderen Faktoren lag.

Da war zunächst einmal Lance RYAN in der Titelrolle. Man kann ihm zugute halten, daß er engagiert spielte, wortdeutlich war und daß gelegentlich sogar recht spannende Phrasierungen zu hören waren. Nur war die rein stimmliche Leistung problematisch. Es gibt die Redewendung, daß jemand nicht mit dem Zinsen, sondern mit dem Kapital singe. In diesem Fall ist auch das Kapital schon aufgezehrt, es wird auf Kredit gesungen. Die Töne klingen überanstrengt, flach und häufig gefährdet, so daß ich am Ende froh war, daß der Sänger überhaupt durchgehalten hatte.

Dann war da Manuela UHL, die sowohl die Venus als auch Elisabeth sang. Sie machte nichts wirklich falsch, aber ich wurde mit keiner der beiden Figuren warm. Für Venus fehlte ihr das Quentchen Sinnlichkeit in der Stimme, was ein echter Mezzo hier leicht bietet. Der ganzen Auseinandersetzung mit Tannhäuser war so die Intensität genommen. Als Elisabeth lief es dann etwas besser, auch wenn das ganz große Aufblühen der Stimme hier fehlte.

Schließlich wirkte Bertrand DE BILLY am Pult der tadellosen HAMBURGER PHILHARMONIKER in der ersten halben Stunde wenig konturiert und etwas unkonzentriert. Erfreulicherweise gab sich dies dann am Ende des Venusberges, wo es dann zu einer erfreulichen Leistung wurde mit sängerfreundlicher Tempi- und Dynamikwahl.

Zu Recht den größten Applaus erntete Lauri VASAR als Wolfram. Der Sänger bot eine wunderschön fließende, warme Baritonstimme, hörbares Wissen um den Text, ohne dabei trocken zu klingen und ein unglaublich nuancenreiches Spiel (z. B. nachdem er Tannhäuser zu Elisabeth gebracht hat und sich langsam entfernt, schafft er es seine ganzen ambivalenten Gefühle innerhalb weniger Schritte nur über die Haltung auszudrücken) so daß man unweigerlich, auch wenn er gerade nicht „dran“ war, nachschauen mußte, wie er auf Text und Handlungen der anderen Figuren reagierte.

Wilhelm SCHWINGHAMMER als Landgraf ließ seinen gut geführten Baß hören, strahlte große Autorität aus und schaffte es, am Ende des zweiten Aktes eine kleine Indisposition so professionell zu überspielen, daß sie sofort vergessen war.

Walther (Jun-Sang HAN) sang seinen Beitrag zum Sängerkrieg sehr ordentlich, auch wenn Rollenvorgänger hier die von der Regie schön gearbeitete Eitelkeit der Figur schon lustvoller ausgepielt haben, ging jedoch in den Ensembles mangels Durchschlagskraft etwas unter. Dieses Problem hatte Florian SPIESS als Biterolf nicht, der rollenangemessen mit robuster Stimme auftrat.

Die Leistungsfähigkeit des Opernstudios nicht nur in gesanglicher, sondern auch in punkto Bühnenpräsenz bewiesen erneut Benjamin POPSON (Heinrich), Stanislav SERGEEV (Reinmar) und vor allem Christina GANSCH, die einen lupenreinen Hirten sang.

Zu guter Letzt bot auch der CHOR unter Eberhard FRIEDRICH eine großartige Leistung, was Stimmschönheit und Homogenität anging.
MK