„Der fliegende Holländer“ – 18. Februar 2020

An der Hamburgischen Staatsoper entledigt man sich nach und nach liebgewonnenen Repertoires. Nach der auch für Mozart-Allergiker geeigneten „Cosi fan tutte“- und der schlicht kongenialen „Falstaff“-Produktion muß das Publikum sich nun auch vom Marco Arturo MARELLIs „Holländer“-Inszenierung verabschieden. Das schmerzt.

Es schmerzt vor allem, weil das, was bisher nachkam, dem, das war, nicht das Wasser reichen konnte. Und so fragt man sich schon, ob ein eventuell bald anstehender neuer „Holländer“ wohl eine ähnlich fesselnde Spannung wie die aktuelle Produktion aufbauen können wird, ob Bühnenbild und -effekte denen Marellis in ihrer überzeugenden Schlichtheit und den ebenso schlichten, korrespondierenden Kostümen (Dagmar NIEFIND-MARELLI) ansatzweise ebenbürtig sein werden, und ob sich die Lichtregie mit der von Manfred VOSS messen können wird. Gut, nicht jeder ist ein Fan von Marellis Produktionen, aber aktuell überzeugt das Niveau der Hamburger Neuinszenierungen eher wenige.

Musikalisch hinterließ der Abend ambivalente Gefühle. Einerseits klang schon die Ouvertüre streckenweise so wirr und in den Orchestergruppen auseinander, daß man sich fragte, wo Dirigent Christof PRICK mit seiner musikalischen Leitung hinwollte. Andererseits war das PHILHARMONISCHE STAATSORCHESTER dafür zu bewundern, daß es unter diesen Umständen eine zumindest ordentliche Leistung zustande brachte.

Bariton Andrzej DOBBER bot im ersten und dritten Aufzug ein Meisterstück. Sein Holländer strotzte voller Stimmkraft, unter der aber weder die musikalische noch die darstellerische Gestaltung der Partie litten, und bestach mit exzellenter Wortdeutlichkeit. Für den zweiten Aufzug müßte er sich vielleicht trauen, die hier hemmende Kontrolliertheit abzustreifen. Kleine Ansätze dazu waren schon zu sehen, und die passende Partnerin dafür hätte er, denn Allison OAKES ist ein wahres Bühnenereignis, ein Feuerwerk an Stimme und Spielfreude. Jung, ein wenig naiv, aber doch entschlossen wirkend und mit so einer strahlenden wie kraftvollen, letztlich einfach auch schönen Stimme nahm diese Senta die Zuhörer von der ersten Sekunde an für sich ein.

Wilhelm SCHWINGHAMMER sang Daland mit gewohnter Souveränität und spielte den schachernden Vater überzeugend. Für ihr musikalisches und schauspielerisches Können in den letzten Jahren auf der Hamburger Bühne sträflich unterrepräsentiert ist Katja PIEWECK. Doch selbst als Mary überzeugte sie in ihren kurzen Bühnenmomenten mit Präsenz und stimmlicher Brillanz.

Daniel KLUGE hatte als Steuermann hoffentlich nur einen wirklich schlechten Abend. Beim Erik von Michael SCHADE könnte mit der über weite Strecken scharfklingenden Stimme und den oft viel zu sehr forcierten Tönen ein größeres Problem zu befürchten sein. Hinzu kam ein eine Art unruhiges Umherirren auf der Bühne, das schon allein aus den Augenwinkeln völlig kirre machte.

Einen exzellenten Abend hatte der gut disponierte STAATSOPERNCHOR. Fast mühelos umschifften Damen wie Herren alle musikalisch aus dem Graben gebotenen Klippen und ließen eine das Publikum einnehmende Ensembleleistung hören.

In den nächsten Wochen gibt es noch drei Vorstellungen dieser Wagner-Produktion, bevor auch sie in die etwas düstere „weißt du noch“-Ecke verschwindet. AHS