Die Inszenierung und die Bühnenbilder von Marco Arturo MARELLI sind zeitlos schön. Sie haben auch in den dreiundzwanzig Jahren seit der Premiere nichts von ihrer Ästhetik, ihrer klugen Beobachtung menschlicher Schwächen und auch der durchdachten Personenregie verloren. Die kleidsamen Kostüme von Dagmar NIEFIND-MARELLI tun ihr übriges dazu, daß die Sänger sich wohlzufühlen scheinen.
Vida MIKNEVICIUTE (Fiordiligi) hat seit ihren Zeiten im Hamburger Ensemble sich schier unglaublich entwickelt. Die Stimme ist groß geworden, individuell timbriert, aber noch immer sehr geläufig, auch wenn die Sängerin inzwischen nicht mehr reines Koloraturfach singt. Man nimmt ihr den Zwiespalt zwischen den beiden Männern ab, und wen sie am Ende eigentlich wirklich liebt, bleibt in der Schwebe.
Ihre Schwester Dorabella Maria MARKINA ist da schon etwas handfester, ihre Gefühle sind stärker sichtbar (ihre überdramatische Gestik zu „Smanie implacabili“ war zwerchfellerschütternd), dafür auch wechselhafter. Dies gelingt ihr auch stimmlich deutlich zu machen. Die beiden Stimmen der Schwestern harmonieren in den Duetten in wundervoller Weise.
Erstmals sang in dieser Serie Dovlet NURGELDIYEV den Ferrando. Es dürfte wenige Tenöre in diesem Fach geben, die mit einer derartigen Sicherheit schier endlose Phrasen singen und dabei auch noch klug phrasieren. In „Un aura amorosa“ spielte er förmlich mit dem Einsatz von bis in den letzten Winkel tragenden Piani, bei „Tradito, schernito“ ließ er überraschend dramatische Attacke hören. Zudem wirkte er im Spiel lebhaft und wurde auch nicht durch das gewollt alberne Albaner-Kostüm, in dem er zeitweillig aussah wie Sandokans Cousin 2. Grades, abgehalten.
Leider fiel Viktor RUD als Guilelmo hier deutlich ab. Gerade in seiner Arie wirkte er doch überfordert. Solange er in den Ensembles sang, war er akzeptabel, doch gerade in den Soli und dem Duett mit Dorabella merkte man, daß stilistisch und auch was eine eigene Interpretation angeht, einiges im Argen liegt. Darüber kann auch eine hart an der Grenze zum Überzogenen liegende Darstellung nichts ändern.
Der Alfonso von Tigran MARTIROSSIAN schafft es ohne weiteres, den Drahtzieher der ganzen Intrige deutlich zu machen. Unter einer jovialen Oberfläche ist hier immer ein Hauch von Bösartigkeit und Zynismus zu spüren, der allerdings nie wirklich greifbar wird. Seine Stimme sprengt schon fast den intimen Rahmen.
Gabriele ROSSMANITH hat die Despina bereits in der Premierenserie 1991 gesungen. An ihr scheint die Zeit absolut spurlos vorübergegangen sein. Sie tobt über die Bühne, läßt durchaus auch mal erkennen, daß diese Zofe nicht unbedingt die allerbeste Kinderstube hatte, und singt mit ihrer unverkennbaren, perfekt fokussierten Stimme, die immer noch sehr jugendlich klingt.
Nicholas CARTER am Pult stellte leider eine erhebliche Hypothek für die Vorstellung dar. Das Stück wirkte weder leicht, noch melancholisch, es fehlte eine Linie. Irgendwelche Impulse gingen nicht vom Graben aus. Zudem war auffällig, daß sowohl in dieser Vorstellung, als auch in der am 11. März zwei verschiedene Alfonsos an der gleichen Stelle ein Problem mit ihrem Einsatz zu bekommen schienen, was nicht wirklich für eine genaue Zeichengebung spricht. Die PHILHARMONIKER machten an sich ihre Sache gut, wirkten jedoch aufgrund des Dirigats leicht gehemmt. Der CHOR unter der Leitung von Christian GÜNTHER erledigte seine Aufgaben anständig.
MK