„Tosca“ – 8. Oktober 2021

Manchmal wird Mut belohnt, manchmal aber auch nicht. Diese Vorstellung war die erste der Serie, bei der ich nicht nach dem zweiten Akt gegangen bin. Es wird die Einzige bleiben.

Primär liegt das an Hui HE, deren Tosca so manieriert klang, wie sie gespielt wurde. Affektiertheit traf auf eine Stimme, die Glanz vermissen ließ und auch keinerlei Wärme oder Farben zu besitzen scheint. Und auch, wenn die Staatsoper nicht müde wurde, diese Besetzung zu preisen und die 100. Vorstellung der Sängerin in dieser Partie herauszustellen, fragte man sich doch, ob sich nicht jemand anderes gefunden hätte.

Pavel ČERNOCH (Cavaradossi) erhielt an diesem Abend eine Ansage. Er kämpfte sich wacker durch den Abend und brachte trotz Erkrankung mehr an Persönlichkeit und Rolleninterpretation auf die Bühne als seine Kollegin. Mit Blick auf die vorhergehenden Vorstellungen und seinen (französischen) Carlos vor zwei Jahren in Hamburg fragte man sich allerdings, ob Puccinis Maler so unbedingt seine stimmliche Welt ist.

Es war also an Andrzej DOBBER als Scarpia, den Opernabend zum Erlebnis zu machen, und er enttäuschte nicht. Hier sah und hörte man wenig von übertriebener Eleganz. Sicher, wenn der Moment erfordert, kann sich auch dieser Polizeichef elegant und kultiviert geben, aber das tief drinnen schlummernde Monster brach sich über den Abend Bahn, ohne daß man den Eindruck gewann, es würde die Figur auch nur für eine Sekunde reuen. All dies wurde so geschickt in Gesang, Mimik, Gestik und Sprachbehandlung verpackt, daß man sich vor Spannung mehr als einmal auf der Kante seines Sitzes wiederfand.

Martin SUMMER war ein gut klingender Sagrestano, der es vermochte ohne Übertreibung komisch zu sein. Chao DENG beeindruckte als Angelotti. Sciarrone wurde von Han KIM vielversprechend gesungen und gespielt. Diese jungen Künstler demnächst doch bitte in größeren Partien. Zuviel des Guten versuchte wieder einmal Peter GALLIARD als Spoletta. Kady EVANYSHYN hinterließ als Hirte einen sehr guten ersten Eindruck, und der „Chorsolist“ (sorry, leider keinen Besetzungszettel mitgenommen) als Schließer konnte sich auch hören lassen.

Christian GÜNTHER hat den CHOR ausgesprochen gut über die Corona-Pause gebracht. Das Te Deum geriet zur machtvollen Visitenkarte des Klangkörpers. Die ALSTERSPATZEN vervollständigten diesen sehr positiven Eindruck.

Alexander JOEL vermochte es trefflich, den Abend gefühlt ins Unendliche zu dehnen. Schön, wenn ein Dirigent so verliebt in die Musik ist, aber das war definitiv zu viel des Guten, zumal das PHILHARMONISCHE STAATSORCHESTER unter seiner Leitung hin und wieder selbst für Puccini zu laut geriet.

Also, wieder einmal „Scarpia – Oper in zwei Akten“ – hörens- wie sehenswert in genau diesem Punkt und diesmal auch mit ausgesprochen guter Besetzung in den Nebenrollen.

P.S. Am 12.10.2021 sprang Andrew DICKINSON als Spoletta ein. Wow, was für ein toller junger Sänger und Darsteller!
AHS