„La Traviata“ – 8. März 2024

Ob jetzt ausgerechnet Verdis „La Traviata“ das richtige Opernwerk zum Internationalen Frauentag ist, dürfte zumindest diskussionswürdig sein, aber es paßte zeitlich und länger wollten wir auch nicht darauf warten, uns die neue Produktion im Allee-Theater anzuschauen.

Als Violetta war an diesem Abend Lilia-Fruz BULHAKOVA zu hören. Wieder so eine Entdeckung des Allee-Theaters, die mit ihrem Können, ihrer exzellenten Stimmführung sowie der Schönheit ihrer Stimme begeisterte. Sie beherrscht den großen Auftritt ebenso wie die leisen Momente und überzeugte mit Violettas dramatischen Ausbrüchen und deren sanften Tönen gleichermaßen.

Leonhard GEIGER (Giorgio Germont) besitzt eine Stimme, deren Größe das kleine Haus zu sprengen droht. Es ist eigentlich alles da, bis auf den letzten Feinschliff bei den großen langen Bögen.

Alfredo Germont war an diesem Abend von Guillermo VALDÉS besetzt.

Weshalb die Berufskritik ihren Lesern die weiteren Rollen stellenweise unterschlug, ist schwer nachzuvollziehen, waren diese doch nicht weniger großartig besetzt.

Feline KNABE sang nicht nur Flora Bervoix und Annina, sondern auch noch gleich den gesamten Chorpart zu Beginn des dritten Bildes und alles auf sehr hohem Niveau. Fast schade, daß es nicht noch eine weibliche Rolle im Stück gibt.

Edilson SILVA JR. (Gastone) verfügt über eine sehr gefällige Tenorstimme und das perfekt zur Rolle passende Temperament. Cornelius LEWENBERG verströmte als Barone Douphol so viel Verdi-Eleganz, daß man sich instinktiv fragte, was Violetta eigentlich mit Alfredo will.

Robert ELIBAY-HARTOG (Dottore Grenvil) stand seinen drei Kollegen in nichts nach, war darstellerisch gewohnt present und stimmlich sehr sicher.

Nicht unerwähnt bleiben soll, daß die Solisten des Hauses auch exzellent jeden Chor faken können. Hier werden selbst Stellen, bei denen jeder andere Klangkörper gern einmal einen Ausstieg produziert, ohne Fehl und Tadel über die Rampe gebracht.

Das ALLEE THEATER ENSEMBLE spielte in seiner Minibesetzung mit Natsuki OGIHARA (Oboe), Sonja JÜNEMANN (Klarinette), André BÖTTCHER (Geige), Eytan EDRY (Bratsche), Erika SEHLBACH (Cello) sowie Tino STEFFEN (Kontrabass) und unter der musikalischen Leitung von Ettore PRANDI einen Verdi-Abend, der sich hinter denen der großen Orchester nicht zu verstecken braucht.

Intendant Marius ADAM ist wieder eine auf die Platzverhältnisse des Hauses perfekt angepaßte Inszenierung gelungen, die weder in Sachen Authentizität noch bei den Emotionen oder bei der Werktreue Abstriche macht und die mit ihrer stringenten, modernen Erzählweise vollends überzeugte.

Dem Bühnenbild von Kathrin KEGLER reichten einige wenige Requisiten, um den Raum zu füllen, ohne daß dieser irgendwie karg wirkte. Manchmal braucht es eben nur eine dunkelblaue Ottomane, einen großen Spiegel und eine tolle Lichtregie.

Die Kostüme von Marie-Theres CRAMER schwankten zwischen sehr kleidsam und einer Augenweide. Es ist immer wieder erfreulich, wenn sich Sänger in ihren Kostümen auch sichtlich wohlfühlen können.

Das Allee-Theater ist aktuell die ambitionierte Opernbühne Hamburg, und das ganz aus eigener Kraft. MK & AHS