„Un ballo in maschera“ – 6. April 2019

Wenn man in den „Ballo“ wegen der beiden Verschwörer geht, sollte man eigentlich nicht viel darauf geben, wenn einem die Besetzung der Hauptpartien nicht zusagt. Anstrengend war es dann aber irgendwie doch.

Ramón VARGAS kultivierte als Gustavo das Rampenstehen und schien auch stimmlich nichts zu einer Rolleninterpretation beizutragen, was über gepflegte Langeweile hinausging. Ähnlich verhielt es sich mit Carmen GIANNATTASIOs Amelia. Irgendwie fiel es schon eine halbe Stunde nach der Vorstellung schwer zu sagen, wie sie eigentlich gesungen hatte. Judit KUTASI (Ulrica) hinterließ einen zwiespältigen Eindruck. Lag es am Kostüm (namentlich an der Perücke), daß die Linie zeitweise verloren schien? Oder war es das Dirigat? Irgendwie mochte es weder stimmlich, noch im Spiel wirklich zünden.

Einzig Kartal KARAGEDIK gelang eine lebendige wie glaubhafte Rolleninterpretation. Es ist unbestritten recht früh für seinen Anckarström, doch auf die Weise, auf die er die Rolle sang, geht es aktuell recht gut. „Eri tu“ wurde so denn auch zu einem Achtungserfolg, und der Schritt vom letztjährigen Onegin hin zu diesem Abend ging in Sachen Gestaltung und Temperament dann auch deutlich in die richtige Richtung.

Über mangelndes Temperament wird man sich bei Katharina KONRADI sicher nicht beklagen können, und so wirbelte sie auch als Oscar über die Bühne. Ihre Stimme hat einen gefälligen Klang und eine schöne Stimmfarbe. Sie klang nie schrill und saß auch bei den Koloraturen sicher.

Als sehr präsentes Duo Infernale brachten Denis VELEV (Ribbing) und Bruno VARGAS (Horn) neben Baß-Glamour im Doppelpack und augenscheinlich verboten viel Spaß an ihren Rollen auch tänzerisches Geschick auf die Bühne. Bei Denis Velev war man nach seinem Lübecker Pimen froh, daß er beide Arme gekonnt in die Choreographie einbrachte, und daß Bruno Vargas tänzerisch doch recht begabt ist, weiß man wohl spätestens seit „Jewgeni Onegin“. So dauerpräsent wie beide waren, hätte man sich fragen sollen, weshalb die Verschwörung nicht schon früher enttarnt worden war, aber man hatte viel zu viel Spaß an all den kleinen Extras, die sie für ihre Figuren erfanden. Früher war gefühlt mehr Choreographie, aber vermutlich ging es bei dieser Wiederaufnahme wieder zurück zum ursprünglichen Maß an Verschwörer-Tanzperformance.

Daß der Abend nicht wieder unter „Oscar und die beiden Verschwörer“ firmierte, war u.a. Jóhann KRISTINSSON als Christiano zu verdanken. Bei seinen Auftritten in der Ulrica-Szene war er Dreh- und Angelpunkt auf der Bühne. Für ihn wünscht man sich schon wegen seiner so lebendig klingenden, vielfarbigen Stimme und der kaum zu bändigenden Spielfreude endlich einmal größere Partien. Hiroshi AMAKO verlieh dem Giudice neben seiner sehr schönen Stimme viel Charakter, und Joo-Hyun LIM war als Servitore di Amelia ein Stichwortgeber, der aufhorchen ließ.

Dirigent Stefano RANZANI wurde bereits zu Beginn heftig akklamiert. Das zog sich dann auch bis zum Schlußapplaus. Warum dies so war, blieb irgendwie ein Rätsel. An seiner bizarren Tempiwahl (langsam, langsamer, am langsamsten und dann plötzlich im letzten Akt teilweise überschnell), unter der der CHOR wohl am meisten litt, wird es eher nicht gelegen haben. Das PHILHARMONISCHE STAATSORCHESTER zog sich mit einer durchweg sauber gespielten Abendleistung aus der Affäre, was man vom Chor (Leitung: Christian GÜNTHER/Eberhard FRIEDRICH) weniger sagen konnte.

Tanzende Verschwörer sind immer noch ein Highlight in Hamburg, wo man mit dem hauseigenen Ensemble häufig am glücklichsten ist. AHS