„Luisa Miller“ – 4. Oktober 2018

Bin es nur ich, oder ist es derzeit Mode, frühen Verdi so zu spielen, daß er nicht zündet? Frühere Aufnahmen, auch live, schienen einen förmlich hinwegzufegen. Live gelingt dies aktuell kaum zur Zeit. Woran mag dies liegen?

Dabei schien die Besetzung auf dem Papier durchaus ansprechend zu sein. Die erste Vorstellung der Serie soll auch sehr gut gewesen sein. Dieser Abend war es nicht. Alles wirkte irgendwie müde und abgespielt – etwas peinlich bei einer Produktion, die gerade ein halbes Jahr alt ist.

Am besten zogen sich noch Joseph CALLEJA als Rodolfo und Nadezhda KARYAZINA als Federica aus der Affäre. Calleja sang einen emphatischen Rodolfo mit vielen schönen Phrasierungen und angenehmen Timbre. Die anderthalb verrutschten Töne waren eher als Unfall zu werten. Nadezhda Karyazina machte alles aus der undankbaren Rolle und blieb Siegerin bei den Damen. Warum sie allerdings mit einem Kleid geschlagen war, das mit seiner grüngelben Seitenkrinoline eher an einen Bartresen gemahnte, bleibt das Geheimnis von Kostümbildner Gideon DAVEY.

Roberto FRONTALI als Miller verfügte nicht über die größte Stimme, aber er kann damit umgehen, weiß darum, worum es bei der Rolle ankommt. Nino MACHAIDZE in der Titelrolle macht nichts wirklich falsch, aber sie wirkt merkwürdig unbeteiligt, da werden virtuose Koloraturen um der Virtuosität gesungen. Daß dabei tiefere Gefühle liegen, kam nicht über die Rampe.

Die beiden tiefen Herren Walter und Wurm ließen mich nicht glücklich werden. Vitalji KOWALJOW zeigte beachtliches Material, aber schien damit nicht wirklich umgehen zu können. Roman CHIKVILADZE war stimmlich und im Spiel zu eindimensional am Brunnenvergiften, ein interessante Schurke ist etwas anderes.

Ruzana GRIGORIAN ist als Laura überfordert, als Contadino läßt Sungho KIM aufhorchen.

Am meisten litt der Abend allerdings unter dem Dirigat von Alexander JOEL. Dieses wirkte uninspiriert, ständig wackelte es zwischen Graben und Bühne, und auch die Sänger schienen nicht glücklich zu sein. Das PHILHARMONISCHE STAATSORCHESTER war immerhin fehlerlos. Der CHOR war schon einmal mit mehr Enthusiasmus zu hören, allerdings muß man die puppenspielerischen Fähigkeiten eines der Herren in der letzten Reihe unbedingt lobend erwähnen.

Die Inszenierung von Andreas HOMOKI ist ein Garnichts. Es passiert nicht, außer daß der Bühnenboden (Bühnenbild Paul ZOLLER) ständig hin- und herfährt. Gibt es eigentlich eine Produktion, wo dies ohne die Rangiergeräusche eines Güterzugs abgeht? Daß ein gro0es Bild praktisch das Geschehen kommentiert, ist auch nicht aufregend. Personenregie gibt es kaum, außer daß die Personen von einem Raum in den nächsten laufen, so daß man den Moment, als Luisa Wurm in die Kronjuwelen tritt, jubelnd begrüßen möchte, weil für einen Augenblick etwas passiert. MK