George Fortune – Erinnerung

Früher war mitnichten alles besser, aber es gab schon vor zwanzig, fünfundzwanzig Jahren Sänger, an die man sein Herz hängte.

George Fortune gehörte für mich dazu.

Welche Rollen sind für mich mit ihm verbunden? Definitiv Carlos di Vargas, dann Amonasro, Luna, Barnaba, Gerard, Renato, und natürlich immer wieder Scarpia.

Es war sein Weg, diese Rollen anzugehen, sie zu formen, die schon bei der ersten Begegnung begeisterte. Wer mag z.B. den Auftritt Amonasros im 2. „Aida“-Akt vergessen, wenn der Äthiopier vor dem ägyptischen König niederkniet, und man den ganzen Widerwillen und den Stolz der Figur auch in der letzten Reihe noch wahrzunehmen vermochte.

Scarpia war in seiner Interpretation nie vordergründig brutal oder gefährlich, doch der Machtpolitiker war nur oberflächlich unter der Eleganz der Darbietung verborgen.

Don Carlos di Vargas hat er für mich am meisten geprägt. Er wird in meinen Gedanken wohl immer so klingen und dieses Gesicht tragen.

Der Mensch hinter diesen Rollen berührte ebenso. George Fortune war Sänger mit Leidenschaft, aber zugleich leidenschaftlicher Dozent und Lehrer, einer, der nicht müde wurde, seine Schüler und ihre Fähigkeiten zu preisen.

Am 23. September 2019 ist George Fortune im Alter von 87 Jahren gestorben.

Festgehalten ist seine Stimme u.a. in der wundervollen Aufnahme von Ermanno Wolf-Ferraris „La Vita Nova“ – und in diversen, auf YouTube verfügbaren Videos, worauf er sehr stolz war.

„Das Schönste, das ein Mensch hinterlassen kann,“ schrieb Theodor Fontane, „ist, daß man lächelt, wenn man sich seiner erinnert.“

Ich erinnere mich an jene „Tosca“-Vorstellung, als das Fenster schon zu Beginn des 2. Akts und von ganz allein aufging, an den Austausch einiger kurzer Blicke mit Miomir Nikolic und das sehr rollenkonforme Einhaltgebieten, als Sciarrone sich auf den Weg machte, jenes Fenster zu schließen; an sein „Frau Hartmann!“, das mich jedes Mal überlegen ließ, was ich angestellt haben könnte, an „Ist er besser als ich?“, als ich wohl etwas zu enthusiastisch von einem Fachkollegen erzählte, und an sein „Kira, wo ist Dein Platz?“, das dank seines Hundes mehr als einmal auf der Aufnahme unseres Interviews zu hören war.

Ich erinnere mich daran ebenso wie an viele schöne Opernabende und lächle.

Danke!
Anke Hartmann