Ja, das Leben ist wieder lebenswert, da man wieder ein wenig Musik und Gesang – wenn auch nicht im Theatersaal, sondern auf der Bühne eines Musiktheaters genießen kann. Es ist eine eigenartige bizarre Stimmung, die das Publikum beim Betreten der der Bühne da erwartet, die Bühne, die für die Künstler die Welt bedeutet, wird nun zum Theatersaal, sie ist dunkel und weckt aber doch Erinnerungen an dort stattfindende Aufführungen, an das mögliche Lampenfieber der Künstler vor ihrem Auftritt, rundherum – man fühlt sich doch fast als Bühnenmensch. Und wie so erfreut ist das Auge, wenn dann bei Beginn solcher Veranstaltungen der Vorhang aufgeht, und der Blick auf Orchester und beleuchteten Zuschauerraum die nötige Atmosphäre schafft, den ein solcher Geburtstag für den großen Operettenkomponisten Franz Lehar benötigt. Er, dessen Freund Giacomo Puccini war, und der zeitlebens immer eine Oper komponieren wollte, aber es ist bei der Operette geblieben, dessen Werke aber unsterblich und unvergeßlich sind, war an diesem Abend durch Erwin WINDEGGER bestens verkörpert mitten unter seinem Publikum, sogar seine Stimme auf Band natürlich vernahm man.
Mit dem Titellied des Abends aus „Giuditta“ sang Ensemblemitglied Lucian KRASNEC mit viel power zu Beginn, und Andreas KOWALEWITZ am Pult und am Piano dirigierte schwungvoll ORCHESTERMITGLIEDER DES STAATSTHEATERS AM GÄRTNERPLATZ, die gleich danach den bei uns allen so beliebten „Gold und Silber“-Walzer zu Gehör brachten, bei welchem einst beim Fasching anno 1902 der Fürstin Pauline von Metternich die Besucher des Balls tanzten. Fast alle Kompositionen des hundertfünfzigjährigen Geburtstagskindes kamen zu Gehör, vor allen Dingen die großen Tenorpartien, die jeweils von Ensemblemitgliedern des Staatstheaters am Gärtnerplatz vorgetragen wurden. So konnte sich ein weiterer Tenor des Hauses Maximilian MAYER mit den bekannten Ohrenwürmern „Gern hab‘ ich die Frau’n geküßt“ und mit dem für Richard Tauber komponierten „Du bist die Welt für mich“ stimmlich wie technisch perfekt präsentieren, während Lucian Krasznec stimmlich gesteigert und eindrucksvoll interpretiert das „Wolgalied“ aus dem „Zarewitsch“ und „Dein ist mein ganzes Herz“ aus dem „Land des Lächelns“ vorstellte.
Bei den Damen traten bestens disponiert Maria CELENG mit „Ich bin verliebt“ aus „Schön ist die Welt“ (ihr Sopran wirkt kräftiger und runder) und Camille SCHNOOR mit „Meine Lippen, sie küssen so heiß“ aus „Giuditta“ im perfekten Vortrag auf, und letztere zum Schluß im Duett mit Maximilian Mayer mit „Lippen schweigen, s’flüstern Geigen“ aus „Die lustige Witwe“, beide Künstler waren bestens aufeinander eingestimmt.
Es gab auch noch Duette und ein Terzett, wo sich weitere Ensemblemitglieder des Staatstheaters am Gärtnerplatz sich vorstellen konnten, so Frances LUCEY, Ann-Katrin NAIDU mit Maria Celeng im Tanzterzett aus „Die Juxheirat“ und Francis Lucey mit Juan Carlos FALCÓN mit einem Duett aus „Paganini“ und Juan Carlos Falcòn mit Alexandro TSILOGIANNIS gaben noch Oscar Straus mit einem Duett aus dem „Walzertraum“ zum Besten, wobei noch zu Beginn des 2. Teils das Orchester unter seinem Dirigenten den selten gehörten „Nechlidil“-Marsch einfügten.
Ein solcher Abend beweist, daß es doch noch Liebhaber dieser einst so beliebten Kunstform gibt, denn diese hat Corona nicht abgeschreckt, hier durch ihre Anwesenheit einen großen Komponisten mit seinen Werken zu ehren.
Als Zugabe gab es noch zum Mitsingen fürs Publikum „Ja, das Studium der Frauen“ ist schwer“ mit allen Mitwirkenden vom Balkon des Staatstheaters. Und mit einem traurigen Blick auf den leeren Theatersaal verließ man dann das Haus.
I.St.