„Der fliegende Holländer“ – 29. November 2015

Man spielte in der Oper Frankfurt die 1. Fassung der Oper, die Uraufführung des Werks war am 2. Januar 1843 am Hoftheater Dresden. Richard Wagner, wieder einmal auf auf der Flucht, wurde für den Holländer durch eine stürmische Überfahrt aus Riga nach England 1839 angeregt. Der Komponist selbst hat sein Werk mehrmals überarbeitet, diese Überarbeitungen kennt man seit Jahren auf den Bühnen. Somit war die Urfassung des Werks, das hier vom Komponisten selbst für Dresden ohne Aktschlüsse und Erlösungsfinale erdacht war, für das Publikum neu und ungewohnt. Auch hat Richard Wagner nach den Jahren der Uraufführung Korrekturen in der Instrumentierung vorgenommen, die das Orchester weniger massiv erklingen lassen sollten, die in dieser Form in Frankfurt hörbar gemacht wurden.

Für die Handlung mit den Texten des Komponisten selbst hätte man eine Regie nebst Bühnenbild gebraucht, die sich absolut an die Gedanken des Komponisten/Librettisten gehalten hätte. Aber dem war leider nicht so. So war in dieser Inszenierung leider keine Seefahrer-Atmosphäre zu bemerken, die beiden Schiffe des Holländers und des Daland waren lediglich durch riesige Schiffsschrauben erkennbar, die sich bis zum abrupten musikalischen Ende der Oper auf der Bühne befanden, und noch dazu waren die Matrosen des Geisterschiffs des Holländers auf Motorrädern unterwegs. Nebenbei fand auch der Auftritt von Senta mit vorangegangenem Spinnlied in einer Nähstube für Hochzeitskleider statt, in die sogar Erik mit einem Motorrad einfuhr. Benzinkanister, die letztendlich dann den Opfertod Sentas auslösten bzw.auslösen sollten, waren des öfteren auf der Bühne zu finden, kamen aber durch den angedeuteten Erlösungstod durch Senta für den Holländer glücklicherweise nicht zum Einsatz. Fazit der Inszenierung von David BÖSCH mit Bühnenbild von Patrick BANNWART (der dieses entgegen seiner veröffentlichten Skizzen im Infoheft entwarf): Man hielt sich hier sehr wenig an das Libretto des Komponisten. Die Kostüme von Meenthe NIELSEN paßten sich in ihrer farblosen Zeitlosigkeit der Inszenierung an.

Bertrand de BILLY, der das Dirigat übernahm, ging vorsichtig an das Werk heran, konnte dann aber im Laufe des Abends eine starke musikalische Steigerung mit dem FRANKFURTER OPERN- und MUSEUMSORCHESTER herausarbeiten.

Die kaum gehörte Ballade der Senta in a–Moll (in heutigen Aufführungen verwendet man sonst eine tiefer angelegte g-Moll-Fassung) wurde glänzend und ausdrucksstark von Erika SUNNEGARDH gesungen, überhaupt kann man ihre Rolleninterpretation als Bestleistung bezeichnen. Das Rollendebüt von Daniel BEHLE als Erik kann man ebenfalls in jeder Hinsicht als gelungen bezeichnen, zumal sich Richard Wagner sicher erstmals für diese Partie eine lyrische Tenorstimme gewünscht zu haben scheint, wie sie Daniel Behle gekonnt inne hat.

Auch die Baßpartie des Daland gesungen von Andreas BAUER ist wohl stimmlich höher anzulegen, das ist dem Rollendebütanten auch sehr gut gelungen. Zu erwähnen sind auch die sehr guten Stimmen von Tanja Ariane BAUMGARTNER als Mary und vor allen Dingen der Steuermann von Michael PORTER, der perfekt „In Gewitter und Sturm“ interpretierte.

Besonders aber aufhorchen ließ das Debüt von Wolfgang KOCH als Holländer, der in bester stimmlicher Position, in Höhe und Tiefe perfekt, diese Titelrolle verkörpern konnte, immer bühnenpräsent gab er dieser geheimnisvollen Figur im Widerstreit zwischen Gut und Böse den nötigen Touch eines Helden im Baßbaritonfach, so wie ihn sich der Komponist vorgestellt haben mag.

Die Chorszenen des CHORs und EXTRACHORs der Oper Frankfurt waren in den besten Händen von Tilman MICHAEL.
I.St.