Mit dieser Übernahme der Produktion des Theaters an der Wien kam an der Oper Frankfurt eine musikalische Bestproduktion auf die Bühne mit ausgezeichneten Rossini-Interpreten, einer sehbaren Inszenierung von Damiano MICHIELETTO mit guten Regie-Ideen und einem perfekten Rossini-Dirigat von Sesto QUATRINI.
Das Libretto von Francesco Maria Berio nach Jean Francois Ducis und Giovanni Carlo Cosenza basiert zwar auf dem Drama von William Shakespeare, weist aber doch einige Unterschiedlichkeiten im Handlungsverlauf auf. Damiano Michieletto ließ die Handlung in der Jetztzeit spielen, so daß hier Otello ein arabischer Kaufmann war, der sich in der Dogenwelt Venedig etablieren wollte, heimlich schon mit Desdemona verheiratet ist, die wiederum mit dem Sohn des Dogen Rodrigo auf Vaterswunsch vermählt werden sollte. Jago ist auch in dieser Version der teuflische Intrigant.
Das Bühnenbild stammt von Paolo FANTIN. Regisseur und Bühnenbildner banden die Liebesgeschichte der Francesca da Rimini in Form eines Gemäldes in die Inszenierung ein, das die beiden Liebenden in ihrer gemeinsamen Todesstunde zeigt, ließ die beiden auch in stummen Rollen auf die Bühne kommen, und dieselbe Gemäldeszene verwendete der Regisseur auch beim Tod der Desdemona und des Otello. Aber ist das für das Publikum verständlich, denn nicht alle kennen diese tragische Liebesgeschichte des Mittelalters des 14. Jahrhunderts in Gradara in Italien, die mit der Otello-Handlung nur am Rande zu tun hat?
Musikalisch und gesanglich lief dieser Abend zu einer selten gehörten Höchstform für Liebhaber des Belcanto und speziell Rossini-Freunde auf, denn diese Oper enthält unvergleichlich viele Koloraturen, die bekannterweise für Sänger eine Schwerstarbeit darstellen. Hier wurde diese „Schwerstarbeit“ von großartigen Interpreten bestens gemeistert. Otello wurde von Enea SCALA mit äußerstem Einsatz auch darstellerisch perfekt gesungen, Jack SWANSON als Rodrigo war eine Bestwahl gerade in seiner großen Rache-Arie, ebenso Theo LEBOW als Jago, der äußerst teuflisch intrigant in manchen Szenen über die Bühne fegte, es war ein Sängerfest dreier Rossini-Tenöre.
Nino MACHAIDZE als Desdemona stand den Herren in nichts nach, sie meistere ihre ebenso koloraturenreiche Partie in ausgezeichneter Abendform. Thomas FAULKNER als Elmiro war für diese Partie eine ebenso glückliche Wahl wie Hans-Jürgen LAZAR als Doge im Rollstuhl sowie Michael PETRUCELLI als Lucio.
Sesto Quatrini erwies sich als großer Könner eines Rossini-Dirigats, mit großem Einfühlungsvermögen führte er das FRANKFURTER OPERN- UND MUSEUMSORCHESTER und Sänger durch den Abend. Der CHOR unter der Einstudierung von Tilman MICHAEL fügte sich bestens ein.
Ein unvergeßlich guter Rossini-Abend an der Oper Frankfurt. I.St.