„Madame Butterfly“ – 12./19. August 2022

Wenn wir zwecks Oper nach Eutin fahren, ist es meistens entsetzlich kalt, diesmal gab es auch einen wirklich heißen Nachmittag, doch das nur am Rande.

Neben Musical und Konzert hatte man diesmal Puccinis „Butterfly“ auf den Spielplan gehoben und mit der Inszenierung von Igor FOLWILL eine solide, nicht zu allzu detailverliebte, aber unterhaltsame Inszenierung mit einem ambitionierten Ende auf die Festspielbühne gebracht. Das Bühnenbild von Jörg BROMBACHER erwies sich als praktisch, sturmfest und dem Ambiente angemessen. Auf-und Umbau waren in das Stück integriert und wurden von der STATISTERIE rollenkonform umgesetzt.

Die Lichtregie (Rolf ESSERS) sorgte für einige sehr stimmungsvolle Momente, und Martina FELDMANNs Kostüme waren gerade bei den Damen prächtig, für die Herren aber nicht weniger detailgetreu sowie farbenfroh was Chor und Nebenrollen anging.

Für die Titelpartie hatte man in Eutin zwei Sängerinnen engagiert, die gegensätzlicher nicht hätten sein können, jede für sich aber ganz großartig war. Tetiana MIYUS’ Cio-Cio-San (12.) wirkte ätherisch, mit streckenweise fast koboldgleichem Charme. Ihre Stimme unterstrich die Zartheit der Figur, erhob sich aber kraftvoll und unfassbar schönklingend über die Orchesterwogen.

Yitian LUAN (19.) stand der Kollegin stimmlich in Nichts nach. Ihre Cio-Cio-San hatte einen bodenständigeren Anstrich. Der schwärmerischen Begeisterung der jungen Braut tat das ebenso wenig Abbruch wie der exzellenten vokalen Darbietung, die sich im zweiten und dritten Akt zu fulminanter Stärke steigerte. Beiden Sängerinnen gelang der Bogen vom verliebten 15jährigen Mädchen hin zur verlassenen Frau auf bemerkenswert realistische und packende Weise.

Am 12. hatte man durch das Einspringen von Costa LATSOS als Pinkerton durchaus Tenorglück. Die Unbekümmertheit der Figur kam hier ebenso zum Tragen wie der plakativ-dramatische Ausbruch am Ende. Am zweiten besuchten Abend war die Partie dann mit dem ursprünglich angekündigten Tenor besetzt.

Gerard QUINNs Sharpless kam wenig plakativ amerikanisch daher und erinnerte, eigentlich recht rollenkonform, an einen Diplomaten alter Schule. Man sah eine durchweg sympathische Figur mit moralischen Standards, einigen Lastern nicht abgeneigt, und hörte Puccini-Gesang par excellence und ganz wundervolle Bögen.

Mit einer ansprechend klingenden Suzuki trug Viola ZIMMERMANN an beiden Abenden zum runden Puccini-Klang bei. Goro wurde von Tae Hwan YUN sehr glaubhaft als geschäftstüchtiges Schlitzohr auf die Bühne gebracht. Der junge Sänger verfügt zudem über eine ausgesprochen schöne Tenorstimme, die ihn sauber geführt und farbenreich eigentlich schon für größere Aufgaben empfiehlt.

Auch Fürst Yamadori war großartig besetzt. Es gibt keine kleinen Rollen, vor allem nicht, wann man wie John HEUZENROEDER solch ein Ausbund an Spielfreude und sängerischer Präzision ist. Insbesondere am zweiten Abend fragte man sich schon, weshalb sich Butterfly eigentlich gegen Yamadori entscheidet. Auch die anderen kleineren Partien waren adäquat besetzt. Juliana CURCIO als Kate Pinkerton und Valentin ANIKIN als Onkel Bonze seien hier stellvertretend genannt.

Der CHOR der Eutiner Festspiele (Leitung: Sebastian BORLEIS) ist in jedem Jahr mit besonderer Freude und Engagement bei der Sache, und so hörte man auch diesmal wirklich schöne Momente harmonischen Klangs.

KAMMERPHILHARMONIE LÜBECK (KaPhiL!) unter der musikalische Gesamtleitung durch Hilary GRIFFITHS spielte blitzsauber und engagiert. Der große musikalische Zauber fand jedoch definitiv auf der Bühne statt.

Die Eutiner Seebühne wird nach dem Ende der aktuellen Sommersaison komplett runderneuert und, was die Tribüne angeht, sogar neugebaut. Man darf gespannt sein, wie es mit den Umbauarbeiten und den Ausweichspielstätten für die kommende Spielzeit vorangeht und ab wann es wieder Freilichtoper & Co. in Eutin am gewohnten Platz zu erleben gibt. AHS