„Luisa Miller“ – 30. März 2019

Eine Verdi-Oper mal eben nicht nur adäquat, sondern bis in die kleinste Partie perfekt und dabei fast komplett mit jungen Sängern aus dem hauseigenen Ensemble besetzt, erlebt man nicht alle Tage. Dem Aalto-Theater Essen ist das mit der Wiederaufnahme von „Luisa Miller“ im Rahmen seiner diesjährigen TUP-Festtage gelungen.

Begonnen bei Jessica MUIRHEAD (Luisa), die sich den kompletten Abend über bis hin zur fulminant gesungenen Schlußszene stetig steigerte, und Carlos CARDOSO (Rodolfo), der sich als Verdi-Tenor par excellence erwies. Allein ihre Zeichnung des Schillerschen Liebespaars in Verdis musikalischer Version nahm dem Werk eventuelle Längen und gab ihm zugleich eine beinahe kammerspielhafte Intimität.

Dunkel, brütend, abgrundtief böse – Baurzhan ANDERZHANOV bot als Graf von Walter ein glaubwürdiges Rollenporträt, das an gesanglicher Exzellenz keine Wünsche offenließ und dem Charakter in Spiel wie Gesang viel Tiefe und Facetten verlieh. Ergänzend ist er auch ein begnadeter Szenendieb.

An Almas SVILPA hatten wir von früheren Bühnenbegegnungen her keine wirklich guten Erinnerungen. Aber, Hut ab, was für eine Wandlung! Es gelang ihm mühelos, Wurms Wesen, seine Intension greifbar zu machen und auch die von der Regie erdachte psychische Störung der Figur aufzuzeigen, ohne daß es für einen Moment übertrieben wirkte. Auch stimmlich stand er seinen Kollegen in nichts nach.

Gerard QUINN als einziger Gast paßte perfekt in dieses Ensemble. Miller, jeder Zoll Soldat, aber eben auch Vater, der aufbegehrt, aber an der Unabänderlichkeit, der Unerbittlichkeit der Umstände zerbricht, erfuhr hier eine sorgfältige, würdige und schöngesungene Interpretation.

Federica, Herzogin von Ostheim wurde von Bettina RANCH als kapriziöse, zumeist unbekümmerte Adelige gezeigt, bei der man durchaus Parallelen zur Gräfin im „Andrea Chenier“ ziehen mochte. Ihr Gesang spiegelte die gezeigte Spielfreude und rückte die Partie mit ins Zentrum des Geschehens.

Marie-Helen JOËL als Laura und René AGUILAR als Höfling rundeten den überaus positiven Eindruck des Essener Ensembles mit ihren sehr guten Gesangsleistungen ab.

CHOR und EXTRACHOR (Leitung: Jens BINGERT) überzeugten sowohl als Klangkörper, als auch in den individuellen Aufgaben, die einzelnen Mitglieder durch die Regie gegeben wurden.

Die musikalische Leitung durch Marco COMIN gab dem Ensemble auf der Bühne die notwendige Unterstützung, sorgte aber auch für eine präzise, ausgesprochen intensive Verdi-Darbietung durch die ESSENER PHIILHARMONIKER.

Die Inszenierung von Dietrich W. HILSDORF aus dem Jahr 2001 wird mit dieser Serie, so war zu lesen, zum letzten Mal auf der Essener Bühne zu sehen sein. Die Produktion bedient sich des Kontrasts von Enge (Millers Haus als kleiner Raum, der immer wieder hereingefahren wird) und Weite (der komplette Bühnenraum als gräfliche Gefilde). Grau, blau und beige beherrschen das Bühnenbild von Dieter RICHTER. Farben finden sich hin und wieder in den Kostümen von Renate SCHMITZER.

Die Geschichte nach Schillers Drama wurde stückkonform auf die Bühne gebracht. Man sah all die Tragödie in Kostümen, die zur Zeit des Stücks passen. Alle Konflikte und Beziehungen werden gut nachvollzieh- und nachfühlbar erzählt. Braucht man dafür vier echte Pferde, die die Kutsche der Herzogin ziehen und einen riesigen im Bühnenhintergrund präsentieren Tierkadaver? Eigentlich nicht, doch letztendlich tat es einem grandiosen Opernabend keinen Abbruch. AHS