„L’occassione fa il ladro“ – 21. Juli 2005

FLUCHT … was tut ein Wiener im Sommer, wenn die Opernhäuser geschlossen sind ? Er flieht zu einem der vielen Sommerfestivals. Nachdem es aber in Österreich dero nicht genug gibt, muß man ins Nachbarland Deutschland ausweichen, und so landete ich in Bad Wildbad und Rossini.

Allerdings muß schon gesagt werden, der Kick in diesem Fall war, daß der von mir sehr geschätzte Tenor Raùl GIMÉNEZ innerhalb einer zehntägigen Master Class einer beachtlichen Gruppe von jungen Sängern Belcanto vermitteln wollte, und dies auch mit Erfolg schaffte. Es besteht die Möglichkeit diesen Unterrichtsstunden beizuwohnen (allerdings nur gegen Bezahlung von 10 Euro für die Tageskarte, 6 Euro für halbtags, was ich leicht überhöht fand).

Raùl Giménez, der ja bekannt für seinen außerordentlichen gepflegten Gesangstil ist, hat diesen auch mit viel Einsatz an die Teilnehmer vermittelt. Neben einer Gruppe europäischer Teilnehmer, gab es auch solche aus Südamerika und eine große Gruppe aus China und eine Japanerin.

Von allen kam viel Engagement und Eifer. Wie auch schon die Jahre zuvor gab es einen Abschlußabend, bei welchem drei Preise vergeben wurden. Das Niveau unter den TeilnehmerInnen war sehr unterschiedlich, zumal einige sich noch voll in Ausbildung befanden, andere bereits mehrmals an dieser Master Class teilgenommen hatten, und wieder andere bereits einige Bühnenerfahrung aufweisen konnten. Auch altersmäßig gab es starke Unterschiede, so dürfte die jüngste Teilnehmerin 18 gewesen sein, der Älteste jedoch schon einiges über 30.

Raul Giménez hat mit sehr viel Geduld mit den Teilnehmern gearbeitet, und wenn es mehrere Sänger gäbe, die laufend solche Kurse abhalten würden, könnte der Sängernachwuchs weit besser, sicherer auf der Bühne bestehen.

Ein interessantes Phänomen hat sich auch hier wieder gezeigt: Die meisten Teilnehmerinnen waren Soprane, gefolgt, aber mit großem Abstand von Tenören. Von den tiefen Stimmen gab es nur einen Bariton, einen Baß, einen Mezzo. Es gab durchaus interessante Stimmen und den einen und anderen Namen kann man sicher schon in nächster Zeit auf einem Besetzungszettel lesen.

Neben diesem Informationsfaktor gab es den Abschlußabend des Belcantokurses. Und natürlich auch Rossini-Aufführungen. Ich hatte noch Gelegenheit an der letzten Aufführung von „L’occasione fa il ladro“ teilzunehmen. Und es war ein äußerst gelungener Abend, spritzig und mit viel Witz inszeniert, absolut gut gesungen von lauter jungen, unverbrauchten Talenten.

Auf der kleinen Bühne des Theaters muß man natürlich mit sehr wenig Requisiten auskommen, und da waren der Regisseur Thorsten KREISSIG und sein Bühnenbildner Matthias MÜLLER sehr erfindungsreich. Ich bin jetzt schon meist von solchen Inszenierungen weit mehr angetan, als von jenen an den großen Häusern, wo große Bühnen verstümmelt, eingeengt und/oder überladen werden. Hier ist alles frei von Eigenartigkeiten, einfach aber doch mit dem erforderlichen Witz ausgestattet. Wenige Requisiten und doch wird viel erreicht.

Die wirklich jungen Sänger, die am Beginn einer hoffentlich guten Karriere stehen, waren sehr engagiert und boten sehr gute Leistungen. Besonders hervorgestochen ist der junge Tenor Gunnar GUNNARSON aus Island, der den Grafen Alberto mit einem sehr angenehmen Timbre und gut geführter Stimme sang. Aber auch sein Widersacher, der Bariton von Gianpiero RUGGERI, als Don Parmione ließ aufhören.

Der Sopran Elisaveta MARTIROSYAN brachte sehr saubere Koloraturen, hat aber leider eine etwas schrille Stimme, die nicht besonders angenehm klingt. Das mag in einem größeren Haus weniger auffallen, bzw. nicht so unangenehm sein. Ihre Zofe Ernestine (Faime ANTONELOU) konnte mit ihrem angenehm timbrierten Mezzo besser gefallen.

Dirigent war Antonio FOGLIANI, 29 Jahre jung, seit 1999 aktiv, bewies, daß er sehr viel von Zusammenführung von Orchester und Stimmen hält und versteht.

Der Abend war höchst amüsant gestaltet und musikalisch sehr gelungen, was man an größeren Häusern oft vermißt.

Bleibt nur zu wünschen, daß die hoffnungsvollen Sänger auch wirklich in dem Beruf entsprechend Fuß fassen können, und man sie alle in den nächsten Jahren auch an großen Bühnen erleben wird können. EH