„Dead Man Walking“ – 26. März 2022

Am zweiten Abend unseres „Erlösungswochenendes“ bewegten wir uns weg von der romantischen Oper zum zeitgenössischen Musiktheater. Die auf den Erinnerungen von Sister Helen Prejean, welche auch Vorlage für den Hollywood-Film waren, basierende Oper von Jack Heggie, nach einem Libretto von Terrence McNally muß nun niemandem Angst machen. Atonale Momente sucht man vergebens, es gibt tatsächlich Melodien und sehr singbare Partien, die aber nicht ohne Anspruch ist. Vielleicht ist das Stück ungefähr 15 Minuten zu lang, wenn es sich immer wieder um die gleiche Frage dreht, aber andererseits macht dies die Qualen der Figuren noch besonders deutlich.

Das Stück ist emotional anstrengend, kein Wunder, geht es doch um die Todesstrafe, Vergebung und Glauben. Das Ganze ist von Florentine KLEPPER (Regie) und Adriane WESTERBARKEY (Ausstattung) kongenial auf die Bühne gebracht. Da stimmt wirklich alles, die Personenführung, der Einsatz der Drehbühne, die Versatzstücke, die gleichzeitig Gefängnismauern und -gitter, Gerichtssäle und den Hinrichtungsraum darstellen, sich teilweise umeinanderdrehen und dabei nicht ein einziges Mal unverständlich oder unlogisch zu werden. Sehr angenehm im Vergleich zu den beiden anderen Abenden des Wochenendes war, daß hier die Regie tatsächlich daran interessiert war, die Geschichte zu erzählen und nicht etwas zwanghaft darüber zu stülpen. Regisseurin und Ausstatterin möchte man gerne in weiteren gemeinsamen Produktionen sehen.

Auch musikalisch war es ein großartiger Abend. Sister Helen Prejean kann kaum besser als mit Isabel STÜBER MALAGAMBA besetzt werden, die mit niemals schriller Stimme die Riesenpartie durchmißt und dabei es schafft, gleichzeitig stark und zerbrechlich zu wirken. Ihr ebenbürtig war Michael MROSEK als verurteilter Mörder Joseph de Rocher, der mit seiner verbissenen Sturheit, nicht gestehen zu wollen, unter die Haut geht.

Auch dem gleichen hohen Niveau Milda TUBELYTÉ als Mutter von Joseph, hilflos gegenüber dem Unvermeidlichen, verzweifelt und in Stimme und Darstellung auf den Punkt. Sister Rose Jelena BANKOVIĆ, die mit Energie versucht, Helen vor sich selbst zu schützen und dabei glockenreine Soprantöne hören läßt. Sehr präsent auch Rainer MESEKE als Gefängnisdirektor Benton.

Dazu gibt es dann das Quartett der Eltern der von Joseph getöteten Teenager, hochkarätig mit Ekaterina KUDRYAVTSEVA, Maximilian KRUMMEN, Erica BACK und Kwonsoo JEON besetzt, deren Schmerz fast mit Händen zu greifen ist.

Auch in den weiteren Rollen Laurin WEY als Father Grenville, ein Albtraum eines Gefängnisgeistlichen, sowie Zachariah N. KARLITHI, Ross COUGHANOUR, Yulius TANAKA, Maximilian MIENKINA Mareike GLAßMANN, Andreja SCHMEETZ, Julia FERCHO, Annegret GLASER, Steffen DOBERAUER, Peter FONTAINE, Sebastian MATSCHOß, Andreas Sebastian MULIK, Emma BEHRENDT und Peter PEINER gab es keinen Ausfall.

Sowohl der CHOR und KINDERCHOR DES STAATSTHEATERS BRAUNSCHWEIG unter der Leitung von GEORG MENSKES; JOHANNA MOTTER und Mike GARLING als auch das STAATSORCHESTER BRAUNSCHWEIG leisteten ebenfalls Großes. Mino MARANI am Pult leitete den Abend mit Übersicht, blieb immer sängerfreundlich und war ein guter Anwalt für Heggies von unterschiedlichen Musikstilen insbesondere der Südstaaten geprägter Musik. MK