Hier – in dieser gut durchdachten Inszenierung von Intendant Barrie KOSKY des von Piotr Ilyich Tschaikovsky mit hoher Musikalität komponierten Werks nach der literarischen Vorlage von Alexander Puschkin, Libretto Konstantin Schilowski mit dem Komponisten, kam das Publikum voll auf seine Kosten, vor allem zeigte das Bühnenbild von Rebecca RINGST gut durchdacht das russische Landleben mit Wiese und Wald schon im 1. Akt auf (sehr gute Idee, den Erntedank mit Marmelade-Einkochen – Duett Larina/Filippyevna -beginnen zu lassen, sogar den Schicksals-Brief der Tatyana in einem Marmelade-Glas an Onegin zu senden), das sich dann bis zum Schluß der Oper als Einheitsbühnenbild hinzog.
Hier konnten sich Protagonisten nebst Chorsänger voll entfalten, und das Auge des Publikums konnte sich gut auf die Handlung und die Musik konzentrieren. Man sang in russischer Sprache mit deutschen Übertiteln. Da Barry Kosky seine Inszenierung in die Zeit der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts legte, paßten sich die Kostüme von Klaus BRUNS dieser Zeit an. Überhaupt konnten in dieser Inszenierung viele neue gute Ideen entdeckt werden, wie beispielsweise das Duell Onegin/Lensky unsichtbar fürs Publikum im Hintergrund der Bühne stattfinden zu lassen, ebenso die berühmte Polonaise vor dem letzten Akt nur als Orchesterstück hören zu lassen, was nur ungewohnt aber durchaus werksgerecht auf die Bühne kam. Henrik NÁNÀSI führte Sänger und ORCHESTER DER KOMISCHEN OPBER BERLIN einfühlsam und partiturgerecht durch den Abend.
In der Titelrolle konnte Günter PAPENDELL aus dem Ensemble der Komischen Oper Berlin sein sängerisches Können nebst perfektem Darstellungsvermögen voll ausleben, besonders gefiel die hohe stimmliche Steigerungsfähigkeit. Als Tatyana glänzte die international erfolgreiche Sopranistin Asmik GRIGORIAN, das Mädchenhafte des 1 Teils der Oper und ihre Darstellung als Ehefrau des Gremin konnte sie nicht besser stimmlich und darstellerisch zeichnen, besonders in der sogenannten Briefarie des 1.Akts war sie glänzend disponiert. Die Rolle der Olga sang rollengerecht Karolina GUMOS, Mutter Larina war Christiane OERTEL, leider erschien mir ihre Maske zu wenig mütterlich.
Die Amme Filippyevna von Margarita NEKRASOYA war ein darstellerischer und gesanglicher Gewinn des Abends, besonders in der Erzählung im 1. Akt und im Duett mit Tatyana konnte sie punkten. Den Lensky sang Ales BRISCEIN mit einer sehr gut geformten Tenorstimme, natürlich in „Kuda, kuda“ zeigte er sein Können. Dazu sei noch zu bemerken, daß Barrie Kosky beide Duellanten ihr Duell betrunken stattfinden ließ, was gerade der Verzweiflung des wieder nüchternen Onegin, den Freund erschossen zu haben, besonderen Ausdruck verlieh.
Die meines Erachtens in der Oper völlig überflüssige Rolle des Triquets während des Balls des Erntedankfestes sang Christoph SPÄTH wohl rollengerecht, während Fürst Gremin von Alexey ANTONOV bestens verkörpert wurde. Der Zaretski von Yakov STRIZHAK fügte sich bestens in das Handlungsgeschehen ein. Besonders bemerkenswert gut ist die CHOReinstudierung von David CAVELIUS der Komischen Oper Berlin, die gerade in dieser Oper sehr bedeutend ist. Da hier in verschiedenen Rollen russische Sänger auftraten, waren die Namen meist ohne die betreffenden Namenszeichen auf einem deutschen Computer zu schreiben. I.St.