Mit Sendungen des Fernsehens – bei dieser Aufführung war es 3Sat – wird man doch ein wenig für den Ausfall mit Opernbesuchen durch die Corona-Zeit ein wenig entschädigt, denn hier kann man zu Hause manche Aufführung von der Sicht her besser genießen, als oft in einem Opernhaus mit einem mühsam noch ergatterten schlechten Sichtplatz. So bescherte uns 3sat eine grandiose Aufführung des „Rosenkavaliers“ von Richard Strauss mit dem Libretto von Hugo von Hoffmannsthal.
Nicht nur deshalb erwähnt, weil die beiden Herren sich durch das Bühnenbild aller drei Akte allgegenwärtig zeigten, da André HELLER, der Regisseur, dies wohl so wollte. André Heller, der auch zum ersten Mal eine Opernregie durchführte, zeigte hier seine Traumwelt, die zwar möglichst bunt, aber trotzdem in dieser Oper fremd wirkte. Verquickt mit orientalischen Motiven (besonders zu sehen im 3. Akt) arbeitete er zwar mit dem betont Wiener Text von Hoffmannsthal, aber entspricht das den Vorstellungen des Publikums, das gerade – schon durch die exzellente Musik vom großen Richard Strauss – sich voll in Wien zu Hause fühlen möchte, und nicht in einer Art Zirkusmilieu nach den Ideen des Regisseurs. Selbst die Kostüme passen sich dieser Traumwelt des André Heller an, so auch die Szenen der Leitmetzerin, die als Zirkusdirektorin oder -Reiterin mit Zylinder aus einem Bullauge blickt.
Was nun die musikalische Seite anbelangt, so konnte man eine unübertreffliche musikalische Interpretation von Dirigent Zubin MEHTA und Sängern erleben, allen voran lag dieser Rosenkavalier in Händen der überragenden Stimmen nebst Darstellungsvermögen der Feldmarschallin Camilla NYLUND und Günther GROISSBÖCK als Ochs auf Lerchenau, dessen bassistische Interpretation der Rolle wohl in stimmlicher wie auch darstellerischer Hinsicht zu den Weltbesten zählen mag. Sein „Da lieg‘ ich“ des 2. Akts war von einer unglaublichen Perfektion. Camilla Nylund vermochte zu vermitteln, daß Octavian durchaus nicht der einzige Liebhaber dieser so unglücklich verheirateten Marschallin war und ist, ihr angekündigter Verzicht schon im 1. Akt war sehr gut herausgearbeitet, sie zeigte an diesem Abend zudem eine perfekte Stimmdisposition.
Als das jugendliche Liebespaar war Nadine SIERRA als Sophie und Michèle LOSIER als Octavian auf der Bühne. Mir gefiel hier besonders die Herausarbeitung der Männlichkeit des Octavian von Michèle Losier, die eine sehr gut geführte Mezzostimme zeigt, besonders für diese Rolle bestens geeignet, während Nadine Sierra in sehr guter stimmlicher Abendform das naive, aus dem Kloster kommende Mädchen interpretieren konnte. Die Szene der Überreichung der silbernen Rose, wo sich beide ineinander verlieben, gelang beiden Interpreten wie auch das Schlußduett sehr gut.
Einen Roman TREKEL als ganz in Gold gekleideten Faninal auf der Bühne zu erleben, war äußerst angenehm, da man ihn ja an unserem Opernhaus schon lange Zeit vermißt. Von den weiteren größeren Rollen sind noch Andrés MORENA GARCIA als Sänger zu erwähnen, der mit einer sehr gut geschulten höhensicheren Tenorstimme seinen Part versah, und Anna SAMUIL als Jungfer Marianne Leitmetzerin, die in guter stimmlicher Abendform war.
Die übrigen Protagonisten, offenbar alle an der Berliner Staatsoper beschäftigt, fügten sich bestens in diese lang nachklingende Opernaufführung ein. Manche Namen mußte man sich aus dem Internet holen, da doch bei Fernsehaufzeichnungen der Vor- und Nachspann sehr schnell über den Bildschirm läuft.
Dieser Abend, von einem großen perfekt ORCHESTER und Sänger führenden Dirigenten wie Zubin Mehta geboten, wird in dieser opernlosen Zeit noch ewig nachklingen. I.St.