„Otello“ – 22. April 2019

Voller Neugier und Erwartung reiste man nach Baden-Baden, um Verdis vorletzte Oper, das Libretto stammt von keinem geringeren als Arrigo Boito, zu hören und zu sehen, aber welche Enttäuschung für das Publikum war da auf der Bühne zu sehen. Schon zu Beginn wurde man im Wege einer Computeranimation (Video: Tomasz JEZIORSKI) von einer sterbenden Elefantenkuh nebst Baby empfangen, die zu Beginn der Oper noch weitere ca. 5 Minuten zu sehen war, nebst einem Sandsturmgeräusch als Einleitung zu Verdis hochkarätiger Musik. Was soll das?

Dazu kam dann eine statische Inszenierung des hochkarätigen Werks, die einer konzertanten Aufführung mit Kostümen glich, die auch die Gesangsinterpreten so hemmte, daß sie nicht die von ihnen erwartete Leistung erbringen konnten. Diese merkwürdigen Inszenierungsideen nebst Licht und Bühnenbild stammten von Robert WILSON. Warum schaffen manche Regisseure solche Inszenierungen, wollen sie damit das Publikum in die Opernhäuser locken? Auch in dieser Inszenierung war Otello ein Weißer, obwohl doch im Libretto von Arrigo Boito Otello ein Schwarzer ist, verfaßt nach Shakespeares „The Tragedy of Othello, the Moor of Venice“. Starr und unbeweglich kamen alle Szenen auf die Bühne, auf der dunkel gehalten die Kulissen als Fragmente eines Scherenschnitts herabkamen. Die Sängerdarsteller mußten alle Handlungsszenen markieren, so letztendlich besonders zu erwähnen die Kampfszenen und den Mord an Desdemona, und standen im Übrigen nur auf die Bühne herum.

Zubin MEHTA, der große Meister seines Fachs, war der einzige musikalische Lichtblick des Abends, der die BERLINER PHILHARMONIKER mit Präzision und gewohnter Routine durch den Abend führte, und der auch wenigstens ein wenig dadurch für eine vernünftige „Otello“-Interpretation sorgte.

Wie schon gesagt, alle Sängerdarsteller hatten es sehr schwer, was besonders bei den Hauptprotagonisten zu bemerken war, besonders der Otello-Interpret Stuart SKELTON fiel dieser starren Regie zum Opfer, was sich auch in seiner gesanglichen Leistung widerspiegelte. Auch Sonya YONCHEVA als Desdemona konnte sich nicht wie gewohnt entwickeln. Das große Liebesduett zwischen Otello und Desdemona im 1.Akt kam ohne Kuß, ohne jegliche Gefühlsregung zum Publikum, nur im „Lied von der Weide“ und im Gebet der Desdemona entfaltete sich die große Künstlerin Sonya Yoncheva.

Der einzige Sänger, der wohl mit der Regie zu recht kam, war Vladimir STOYANOV als Jago, der seine Intrigantenrolle gut in die stimmliche Darstellung legen konnte. Die restlichen Darsteller wie Anna MALAVASI als Emilia, Francesco DEMURO als Cassio, Gregory BONFATTI als Roderigo, Federico SACCHI als Ludovico, Giovanni FURLANETTO als Montano und Mathias TÖNGES als Herold fielen dieser starren Regie zum Opfer. Wissen eigentlich Regisseure, was sie mit solchen Inszenierungen den Sängern antun?

Die Chöre – hier der PHILHARMONIA CHOR WIEN unter der Leitung von Walter ZEH und der KINDERCHOR DES PÄDAGOGIUMS BADEN-BADEN geleitet von Uwe SERR und Anja SCHLENER-RAPKE – waren bestens einstudiert.

Was hat man schon in Baden-Baden für exzellente Opernaufführungen erlebt, deshalb reist man auch so gerne dorthin, um Besteinstudierungen vieler Opernwerke zu erleben. Man hofft, daß dieser weithin bekannte Ruf dieses großartigen Opernhauses weiterhin aufrecht erhalten wird. I.St.