„Jenufa“ – 12. April 2007

Der Beginn verstört. Während der Ouvertüre liegt Jenufa auf einem weißen Metallbett und entdeckt beim Erwachen die Verbände an ihren Handgelenken, die sie ungläubig betrachtet. Sie reißt die Mullbinden ab, und die Oper nimmt ihren Lauf.

Bühnenbildner Heiko MÖNNICH präsentiert eine gebrochene ländliche Idylle, mit dem großen Mühlrad auf der einen, aber unüberwindbaren Felsen auf der anderen Seite. Idylle ja, aber ein Entkommen gibt es nicht. Selbst der blühende Zweig, der ins Bühnenbild, ragt wird den Abend nicht überstehen. Jenufa, in schlichtem weißem Kleid mit groben Schuhen und grober Jacke wartet auf den blond gelockten Stewa. Der aber, in seinem Übermut nicht zur Armee zu müssen, nimmt sie kaum wahr, so sehr genießt er die allgemeine Aufmerksamkeit. Das kann Jenufas Ziehmutter nicht gefallen, sie fordert ein Jahr Frist bis zur Heirat, nichts ahnend von Jenufas Schwangerschaft.

Regisseur Thomas WÜNSCH erzählt die bekannte Geschichte zunächst sehr statisch, ohne rechte Personenregie. Anders dann im 2. Akt. Vor dem Hintergrund riesiger Maria/Kind-Ikonen steht die Wiege, zu der die Küsterin Stewa gerufen hat. Stewa, die blonden Locken gebändigt, weicht immer wieder vor der Küsterin zurück, macht Kreuzzeichen zur Abwehr, flieht letztlich. Also nimmt die in schwarzem Kostüm gekleidete Frau (überzeugend Ildiko SZÖNYI), ihr Wahnsinn liegt in der dunklen Ruhe, das Baby; die Ikonen geben den Weg ins dunkle Schneetreiben, in den Tod frei. Jenufa, erwacht und taumelt, vor einem riesigen Mond, der derweil aufgegangen ist, dem Wahnsinn nah.

Die Hochzeit mit Laca findet dann wiederum in ländlicher Idylle statt, ein langer Tisch im Freien, Frühling, man wirft Blumen, die Gäste sind feierlich gekleidet im Stil der Jahrhundertwende. Nachdem der Mord entdeckt ist, die Küsterin alles über sich ergehen läßt, bleiben Laca und Jenufa zurück. Er ist sichtlich um sie bemüht, sie aber nimmt das Messer vom in Gehrock und Hut vorbeigehenden Tod, legt es sich an die Arme, wirft es weg, nimmt es erneut und beim Schlußton hält sie es hilflos in der Hand. Der Kreis schließt sich zum Beginn, der nun Bedeutung bekommt, wenn auch eine, die bei Janácek so nicht vorkommt.

In Augsburg wird deutsch gesungen, in der kongenialen Fassung von Max Brod. Ist Janácek ja eigentlich jemand, der sehr auf Sprachklang komponiert hat, so ist man erstaunt, wie gut diese Übersetzung gerade auch klanglich funktioniert. Die Sänger singen durchweg sehr textverständlich, aber kommen stimmlich bei ihren schweren Partien zum Teil an ihre Grenzen, so z. B. Hendrik VONK als Laca, der mit viel Verve beginnt, dem aber am Ende die Kraft fehlt. Auch bei Tilmann UNGERs Stewa, der sehr gut beginnt, fehlt am Ende der lange Atem. Sally DU RANDT bezaubert wieder einmal ihr Publikum mit ihrer Ausstrahlung zwischen mädchenhaft und Diva. Gute Leistungen zeigten auch Diane PICHLER als alte Buryja, Stefan SEVENICH als Altgesell oder Andrea BERLET als Karolka.

Wolfgang WEBER am Pult des PHILHARMONISCHEN ORCHESTERS AUGSBURG ließ sein Orchester klar, manchmal fast solistisch spielen, hatte aber gerade in den Chorszenen Probleme mit der Koordinierung zwischen Graben und Bühne. KS